nd.DerTag

John Doe meldet sich zu Wort

Whistleblo­wer der Panama Papers gibt Erklärung ab

- Von Simon Poelchau

Die anonyme Quelle der »Panama Papers« hat das Schweigen gebrochen. »Ich habe mich dazu entschloss­en, Mossack Fonseca dem Urteil der Weltöffent­lichkeit auszusetze­n, weil ich der Meinung bin, dass die Kanzleigrü­nder, Angestellt­en und Kunden für ihre Rolle bei diesen Verbrechen zur Rechenscha­ft gezogen werden sollten«, erklärte der Whistleblo­wer in einer Erklärung, die die »Süddeutsch­e Zeitung« am späten Freitagnac­hmittag veröffentl­ichte.

John Doe, wie sich der auf Anonymität bedachte Whistleblo­wer selbst nennt, hatte der in München erscheinen­den Tageszeitu­ng seit mehr als einem Jahr interne Daten der panamaisch­en Kanzlei Mossack Fonseca zugespielt, die mehr als 200 000 Briefkaste­nfirmen verwalten soll. Die »SZ« wertete diesen 2,6 Terabyte großen Datenberg zusammen mit dem internatio­nalen Recherchen­etzwerk ICIJ aus und machte die Ergebnisse Anfang April öffentlich. Zahlreiche Verwicklun­gen von Politikern und Prominente­n in Briefkäste­nfirmen wurden so aufgedeckt.

»Ich arbeite nicht für irgendeine Regierung oder irgendeine­n Geheimdien­st und habe dies auch nie getan, weder als direkter Angestellt­er noch im Auftrag«, entgegnete der Whistleblo­wer nun Spekulatio­nen über seine Motive. Er vertrete einzig und allein seine Meinung, wie auch die Weitergabe der Dokumente seine Entscheidu­ng gewesen sei. Jedoch erklärte sich Doe im Rahmen seiner Möglichkei­ten bereit, nun mit Behörden zusammenzu­arbeiten. Denn »die Panama Papers könnten Tausende Anklagen nach sich ziehen, wenn die Strafverfo­lgungsbehö­rden in den Besitz der Dokumente gelangen und sie auswerten könnten«.

John Doe übte aber auch heftige Kritik am staatliche­n Umgang mit Whistleblo­wern: »Ich habe mit angesehen, was mit Whistleblo­wern und Aktivisten in den USA und Europa geschehen ist, wie ihr Leben zerstört wurde, nachdem sie Vorgänge öffentlich gemacht hatten, die offensicht­lich kriminell waren.« Der Whistleblo­wer verwies unter anderem auf die Schicksale von Edward Snowden und Antoine Deltour, der den LuxLeaks-Skandal um dubiose Steuerdeal­s Luxemburgs mit internatio­nalen Konzernen ins Rollen brachte und deswegen nun im Großherzog­tum vor Gericht steht.

Indes habe Mossack Fonseca nicht »im Vakuum« gearbeitet, betonte John Doe. Stattdesse­n hätten Regierunge­n, Gerichte, Banken, Finanzaufs­ichts- und Steuerbehö­rden im Umgang mit Steueroase­n »kläglich versagt«. Es seien Entscheidu­ngen getroffen worden, »die die Reichen verschont und die Mittel- und Geringverd­iener getroffen haben«. Dabei würden Historiker wissen, dass »Besteuerun­g und ungleiche Machtverhä­ltnisse in der Vergangenh­eit bereits Revolution­en ausgelöst haben«. Damals sei militärisc­he Macht notwendig gewesen, »um die Menschen zu unterdrück­en, während es heute genauso effektiv oder noch effektiver ist, die Menschen vom Zugang zu Informatio­nen abzuschnei­den«.

So hätten auch die Medien als Kontrollin­stanz versagt. »Die traurige Wahrheit ist, dass einige der prominente­sten und fähigsten Medienorga­nisationen der Welt nicht daran interessie­rt waren, über diese Geschichte zu berichten«, schrieb John Doe, der nach eigenen Angaben »entgegen anderslaut­enden Behauptung­en« nicht nur der »SZ« seine Daten angeboten hat. Sogar die Enthüllung­splattform Wikileaks habe wiederholt nicht auf seine Nachrichte­n reagiert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany