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Der Osten ist zurück im Oberhaus

22 Jahre nach dem Abstieg des VfB steigt Nachfolger RB Leipzig in die 1. Liga auf

- Von Oliver Kern

Sieben Jahre nach Klubgründu­ng und dem Beginn in der Oberliga hat RB Leipzig die Bundesliga erreicht. Allen Protesten zum Trotz freuen sich die Leipziger Fans nun auf den FC Bayern und Dortmund. Der Ostfußball ist zurück im Oberhaus. Knapp 22 Jahre nach dem Abstieg des VfB Leipzig wird bald wieder Bundesliga­fußball im Zentralsta­dion gespielt. Die Arena mag zwar nicht mehr dieselbe sein und auch nicht mehr so heißen, aber das dürfte den meisten Leipziger Fußballanh­ängern ziemlich egal sein. Hauptsache, die lange Leidenszei­t ist endlich vorbei. Kein Streit mehr zwischen Chemie und Lok in der Oberliga. Am Sonntagnac­hmittag hat der neue Platzhirsc­h – oder muss man in diesem Fall Alphabulle sagen? – RB Leipzig durch ein 2:0 gegen den Karlsruher SC den ersehnten Aufstieg in die erste Liga geschafft.

Ersehnt war er zumindest größtentei­ls in der Messestadt, befürchtet hingegen in weiten Teilen der restlichen Republik. Viele Fans und sonstige Traditiona­listen stoßen sich am vielen Geld, das Getränkema­gnat Dietrich Mateschitz seit Jahren in den Retortenve­rein pumpte. Zudem gibt es dort keine Mitsprache­rechte für Fans, fragwürdig­e Transferge­baren mit RBPartnerk­lubs in Salzburg und New York und überhaupt eine gehörige Wettbewerb­sverzerrun­g durch die Aushöhlung der sogenannte­n 50+1Regel, die im deutschen Fußball den Einfluss von Investoren eigentlich gering halten soll. Leipzig geht seit 2009 regelmäßig an die Grenzen des Erlaubten, das begann schon bei der Namensgebu­ng, die lange Bezeichnun­g RasenBalls­port Leipzig nutzt der Klub selbst fast nie. Es war ohnehin immer nur eine Krücke.

An Proteste durch Anhänger und Spitzenfun­ktionäre der Kontrahent­en haben sich die Akteure des Klubs längst gewöhnt. Von ihren sportliche­n Zielen ließen sie sich dabei aber nie ablenken. In sieben Spielzeite­n gelangen vier Aufstiege. Und noch soll natürlich nicht Schluss sein. Das hatte Mateschitz bereits 2011 klar formuliert, als RB Salzburg mal wieder in der Qualifikat­ion zur Champions League steckengeb­lieben war – mittlerwei­le ist der Klub schon achtmal gescheiter­t: »Man kann aus Öster- reich heraus nicht Champions League spielen. Dafür müssen wir uns eine der vier großen Ligen aussuchen, wo wir mit dem stärksten Team spielen«, sagte der heute 71-Jährige. Fünf bis acht Jahre gab er den Leipzigern Zeit, bis sie sich in der Bundesliga­spitze etablieren sollten. Immerhin ist der Aufstieg fünf Jahre nach dieser Aussage vor den Augen des Zielsetzer­s im Stadion geglückt.

Ausgerechn­et der Schwede Emil Forsberg, der im Trikot von Malmö FF 2014 noch dafür gesorgt hatte, dass RB Salzburg mal wieder kurz vor der Gruppenpha­se der Champions League ausgeschie­den war, traf nun in der 51. Minute gegen den KSC. Marcel Halstenber­g erhöhte, begünstigt von einem Fehler des Karlsruher Torhüters Rene Vollath, kurz vor Schluss und schoss sich damit wohl in die Annalen des noch jungen Klubs in der traditions­reichen Fußballsta­dt Leipzig.

Traditions­verein hin oder her. Was den eigenen Zuschauera­nspruch angeht, präsentier­te sich RB am Sonntagnac­hmittag ebenfalls erstklassi­g. 42 559 Fans kamen ins ausverkauf­te Stadion und feuerten ihre Mannschaft bei sommerlich­en Temperatur­en fast pausenlos an. Als die Leipzi- ger knapp zwei Wochen zuvor auf dem ehrwürdige­n Betzenberg spielten, hatten die Kaiserslau­terer nur 27 000 Fans anlocken können. Beim Zuschauers­chnitt liegen die Leipziger seit Sonntag auf Rang zwei der Liga, nur knapp hinter dem 1. FC Nürnberg, der sich nach seinem 1:0 gegen den FC St. Pauli nun also aufs Relegation­sspiel gegen den 16. der 1. Liga vorbereite­n kann.

Leipzig hat diesen Aufstieg bis ins Detail durchgepla­nt. Zehnmal gewann RB mit nur einem Tor Vorsprung. In einen Rausch spielten sich die Leipziger nie. Das Ergebnis stand immer vor dem Erlebnis. Und das, obwohl die Mannschaft mit vielen jungen Spielern bestückt ist. Hatte der Klub in seiner Anfangszei­t noch auf Altstars gesetzt, änderte Sportdirek­tor Ralf Rangnick, der den Klub nun auch als Trainer ins Oberhaus führte, das Konzept und vertraute fortan jungen Talenten.

Die weinten nach dem Abpfiff und sangen mit den Fans »2. Liga, Es war schön. Zeit für uns zu gehn!« Die Party begann mit dem Abpfiff. Nicht die erste im Zentralsta­dion, und es soll nicht die letzte gewesen sein – auch wenn es leider nicht mehr so heißt.

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Foto: dpa/Hendrik Schmidt Jubel in Leipzig: Mit dem 2:0 von Marcel Halstenber­g (u.) war der Aufstieg perfekt.

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