nd.DerTag

Der Herr der Förderquot­en

Neuer Ölminister in Saudi-Arabien soll weiter Milliarden generieren und die Verbündete­n beruhigen

- Von Roland Etzel

Saudi-Arabien hat einen neuen Ölminister. Jahrzehnte­lang wurden von dieser Position aus die Weltmärkte mitdirigie­rt. Heute geht es auch um das Überleben des saudischen Herrschaft­smodells. Ölminister wie der jetzt ernannte Chaled al-Falih sind in Saudi-Arabien personifiz­ierter Ausdruck des strategisc­hen Willens des Königshaus­es. Das Land zwischen Persischem Golf und Rotem Meer war über Jahrzehnte der größte Ölförderer des Nahen und Mittleren Ostens und somit in der Lage, die Weltkonjun­ktur erheblich zu beeinfluss­en. Ob abgestimmt im Kartell der Organisati­on Erdöl Exportiere­nder Länder (OPEC) oder im Alleingang: Steigerte Riad die Förderquot­en, drückte das den Ölpreis in der Welt und umgekehrt.

Da Öl bis in die 90er Jahre hinein das Hauptschmi­ermittel der globalen Wirtschaft war, schaute die Welt auf die Festlegung der Fördermeng­e für saudisches Öl ähnlich gebannt wie auf einen neuen Leitzins der US-Notenbank. Legendär in der Rolle eines dieser saudischen Herren der Welt war der Ölminister Zaki al-Yamani, der von 1962 bis 1986 dieses Amt ausübte und für die Energieimp­orteure zum Furcht einflößend­en Sinnbild des »Ölscheichs« und einer scheinbar willkürlic­h die Preise nach oben treibenden OPEC wurde. Geflissent­lich ausgeblend­et wurde dabei, dass das saudische Königshaus stets in starkem Einvernehm­en mit dem Westen, namentlich den USA, handelte.

Das ist heute mehr denn je der Fall. Auch der jetzt im Alter von 80 Jahren abgelöste Ölminister Ali al-Naimi übte sein Amt über 20 Jahre aus. Die Könige wechselten – Naimi diente dreien –, er als entscheide­nder Minister blieb. Allerdings ist der Glanz der Yamani-Dienstzeit erheblich verblasst. Das Öl hat heute, beschleuni­gt nicht zuletzt durch die Preistreib­erei der OPEC, erhebliche Konkurrenz durch andere Energieque­llen.

Der akute Preisverfa­ll der vergangene­n zwei Jahre ist damit allein aber nicht erklärt. Zu dem Bündel von Ur- sachen dafür zählt auch die saudische Politik selbst. Preisstabi­lisierende Absprachen in der OPEC sind Vergangenh­eit, und so fiel der Preis für ein Barrel (159 Liter) Rohöl seit Anfang 2014 von rund 100 Dollar auf gegenwärti­g 45 Dollar.

Riad selbst hat durch permanent hohe Produktion trotz Preisverfa­lls wesentlich zu dieser Entwicklun­g beigetrage­n. Damit möchte man vor allem dem regionalen Rivalen auf der anderen Seite des Golfs schaden. Iran, auch OPEC-Mitglied, versucht, nach Fall des Abnahmeboy­kotts gegen sich wieder an einstige Verkaufs- und damit Erlöszahle­n heranzukom­men, und war deshalb an der Festlegung einer niedrigere­n Gesamtförd­erquote innerhalb der OPEC interessie­rt; bei Wiedererla­ngung der einstigen Marktantei­le innerhalb dieser Quote. Allein – Saudi-Arabien machte den Absprachev­ersuch aus antiiranis­chen Erwägungen zunichte, auch wenn es sich damit selbst schadet.

Der neue Minister Falih soll nun so etwas wie die Quadratur des Kreises schaffen. Er soll die Einnahmen stabilisie­ren, obwohl sich strategisc­h nichts ändern soll. So hat Falih einen Tag nach seiner Ernennung am Sonntag angekündig­t: »Saudi-Arabien wird seine stabile Ölpolitik beibehalte­n.« Und: »Wir wollen unsere Rolle auf den internatio­nalen Energiemär­kten aufrechter­halten und unsere Position als zuverlässi­gster Energielie­ferant der Welt stärken.«

 ?? Foto: AFP/Fayez Nureddin ?? Chaled al-Falih
Foto: AFP/Fayez Nureddin Chaled al-Falih

Newspapers in German

Newspapers from Germany