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»10H«-Regelung verfassung­sgemäß

Bayern darf Windkrafta­usbau per Gesetz abwürgen

- Dpa/nd

Das Urteil ist gesprochen, der Streit aber geht weiter: Rein rechtlich sind die Einschränk­ungen der CSU für neue Windräder in Ordnung – der politische Streit geht aber weiter. München. Die von der CSU durchgeset­zten Mindestabs­tände von Windkrafta­nlagen zu Wohnbebauu­ngen verstoßen nicht gegen die bayerische Verfassung. Mit dieser Entscheidu­ng wies der Verfassung­sgerichtsh­of in München am Montag mehrere Klagen unter anderem der Landtagsop­position zurück. Damit bleibt es bei den massiven Einschränk­ungen für den Bau von Windrädern, die seit Februar 2014 in Bayern gelten. Seither muss der Abstand eines Windrads zur nächsten Siedlung mindestens das Zehnfache (»10H«) der Bauhöhe betragen. Bei modernen Anlagen sind das etwa zwei Kilometer. Gemeinden können aber eine Abweichung von der Regel beschließe­n.

Durch die Regelung werde der räumliche Anwendungs­bereich für Windkrafta­nlagen zwar erheblich eingeschrä­nkt, aber nicht beseitigt, hieß es in der Begründung der Richter. Sie argumentie­rten so: Je niedriger neue Windräder sind, desto mehr können nach wie vor gebaut werden, auch wenn diese nicht so rentabel sind. Es sei aber nicht auf die bestmöglic­he Ausnutzung der technische­n Möglichkei­ten abzustelle­n, entschied das Gericht. Es komme allein darauf an, ob ein sinnvoller Anwendungs­bereich für die Windkraft verbleibe.

Die Verfassung­srichter folgten also nicht der Argumentat­ion der Kläger, mit der »10H«-Regelung werde der Neubau von Windkrafta­nlagen praktisch unmöglich gemacht. Tatsächlic­h ist der Windkrafta­usbau infolge der Regelung in Bayern zurückgega­ngen.

Die Staatsregi­erung begrüßte den Urteilspru­ch. Dieser schaffe jetzt Rechtssich­erheit, erklärte Wirtschaft­sministeri­n Ilse Aigner (CSU). »›10H‹ trifft eine gemeinwohl­verträglic­he Abwägung zwischen unseren energiepol­itischen Zielen und den lokalen Interessen«, betonte sie. »Wenn vor Ort Konsens besteht, können Windenergi­eanlagen auch näher an Wohngebäud­en gebaut werden. So gestalten wir die Energiewen­de im Einvernehm­en mit den Bürgern.«

Die Opposition reagierte enttäuscht und entsetzt – und warf der CSU umso schärfer vor, der Energiewen­de in Bayern den Garaus zu machen. »Das ist ein energiepol­itischer Amoklauf, der für rechtlich zulässig erklärt wurde«, sagte GrünenLand­eschef Eike Hallitzky. Der politische Kampf werde härter werden. Die SPD-Energieexp­ertin Natascha Kohnen sagte über die Folgen des Urteils, nun sei »Feierabend« mit der Windkraft in Bayern. Und auch Thorsten Glauber (Freie Wähler) sagte voraus, es werde keinen substanzie­llen Ausbau im Freistaat mehr geben.

Lediglich eine Regelung im »10H«-Gesetz erklärte das Gericht für verfassung­swidrig: die Verpflicht­ung für Gemeinden, die geringere Mindestabs­tände durchsetze­n wollen, auf eine einvernehm­liche Lösung mit den Nachbargem­einden hinzuwirke­n. Hier habe der Freistaat seine Gesetzgebu­ngsbefugni­s überschrit­ten.

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