Kenia hat das Rohr voll
Öl-Pipeline durch Nachbarland Tansania erbost Nairobi und sorgt für Ärger in der Ostafrikanischen Gemeinschaft
Beim geplanten Bau einer Ölpipeline treten regionale Spannungen und Verwirrungen in der Ostafrikanischen Gemeinschaft zutage. Von außen betrachtet, vermittelt die Ostafrikanische Gemeinschaft (EAC) oftmals ein geschlossenes Bild. Schritte zur Integration sind vereinbart, mit dem krisengeschüttelten Südsudan wurde erst kürzlich ein sechster Staat aufgenommen, wirtschaftliche Daten lassen die Gemeinschaft als agilsten afrikanischen Wirtschaftsraum erscheinen. Dennoch bildete sich in den vergangenen Jahren eine interne »Koalition der Willigen« heraus. Uganda, Ruanda und Kenia haben den tri-lateralen Integrationsprozess und große Infrastrukturprojekte oftmals einseitig vorangetrieben und somit die Mitglieder Burundi und Tansania brüskiert. Jetzt ist etwas Sand ins Getriebe zwischen den Partnern Uganda und Kenia gekommen. Tansania ist daran nicht unschuldig und so entstehen verstärkt Spannungen, Verwirrungen und Verwicklungen.
Mit den Ölvorkommen am Lake Albert sieht sich Uganda bereits auf dem Weg zum nächsten Ölstaat. Entsprechend treibt der ugandische Präsident Yoweri Museveni den Bau einer Pipeline voran. Ursprünglich war eine Route in das kenianische Mombasa oder Lamu geplant. Dazu schlossen Uganda und Kenia vergangenes Jahr ein Abkommen. Parallel erklärte jedoch die ugandische Regierung gemeinsam mit dem französischen Energieunternehmen TOTAL, dass beide ebenso ernsthaft die Option einer Trasse durch Tansania prüfen.
So ist es auch geschehen. Obwohl Ende März Gespräche zwischen Museveni mit seinem kenianischen Amtskollegen Uhuru Kenyatta über die Route stattfanden, erklärte zwei Tage später der tansanische Präsident John Magufuli das Projekt mit einem Verlauf durch Tansania als beschlossen und verwies auf eine Absichtserklärung zwischen Uganda und Tansania. Entsprechend würden untergeordnete staatliche Institutionen zeitnah mit der Umsetzung beginnen.
Diplomatische Spannungen nahmen kurz darauf zu, als der keniani- sche Energieminister als Teil einer ugandischen Delegation den Hafen im tansanischen Tanga besuchen wollte. Ohne entsprechende offizielle Einladung wurde er an der Pforte je- doch abgewiesen. Analysten sahen darin eine weitere Verschlechterung der bereits angespannten Beziehungen zwischen Kenia und Tansania. Tansania sprach von fortlaufenden Manövern der kenianischen Seite, den Verlauf der Pipeline ständig zu hinterfragen. Dass Präsident Kenyatta bei einem Staatsbesuch in Frankreich Anfang April nochmals probierte TOTAL umzustimmen, stieß sicherlich nicht auf tansanische Gegenliebe. Genützt haben die Bemühungen allerdings nichts. Vor wenigen Tagen verkündete Uganda die tansanische Route als beschlossen, die bis 2020 fertiggestellt werden soll.
Von Seiten der ugandischen Zivilgesellschaft wird die mangelnde Transparenz kritisiert. Einzige Informationsquellen sind Zeitungsartikel, Aussagen von Parlamentariern sind dagegen Mangelware. Entsprechend wird das Abkommen als ein privater »Museveni-Magufuli-deal« tituliert.
TOTAL selbst soll eine Kostenübernahme in Höhe von vier Milliarden US Dollar zugesichert haben. Einer weiter nördlich verlaufende Route in der Nähe der Grenze Kenias zu Somalia soll das Unternehmen aus Sicherheitserwägungen eher kritisch gegenüberstehen. Der britische Konkurrent Tullow Oil sprach sich dagegen für einen Bau durch Kenia aus, stimmte den Sicherheitsbedenken jedoch zu. Daneben erwarten Ölfirmen, das mögliche Kompensationen für Land in Kenia deutlich höher ausfallen und zäher zu lösen sind als in Tansania. Ebenso sei der Hafen in Tanga schneller ausbaubar als im kenianischen Lamu.
Für Kenia ist die Pipeline über tansanisches Gebiet ein Rückschlag im regionalen Wettbewerb, sieht man doch bereits den geplanten Bau einer ugandischen Raffinerie, an der sich anscheinend jetzt Tansania finanziell beteiligen will, als industriepolitische Konkurrenz an. Daher flackerten Zeitungsmeldungen auf, die von dem Bau einer eigenen kenianischen Pipeline aus den Ölgebieten im nördlichen Turkana sprechen. Um den Bau einer kenianischen Pipeline zu rechtfertigen, sind diese Vorkommen jedoch zu gering. Daher stützte Kenia zuletzt seine Hoffnungen auf eine mögliche Pipeline aus dem EAC-Mitglied Südsudan, schließlich sind beide Länder Partner in dem LAPSSET-KorridorProjekt. Südsudan jedoch winkte ab und präferiert lieber Verhandlungen mit dem nördlichen Nachbarn Sudan. Und das Tansania jetzt im Gegenzug ein Gaspipeline von Tansania nach Uganda ins Spiel bringt, wird Kenia ebenso nicht schmecken.
Die Streitigkeiten und Spannungen verdeutlichen, dass mit zunehmenden Ressourcenfunden und -ausbeutung in Ostafrika der regionale Integrationsprozess holpriger werden wird.
Für Kenia ist die Pipeline über tansanisches Gebiet ein Rückschlag im regionalen Wettbewerb.