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Kenia hat das Rohr voll

Öl-Pipeline durch Nachbarlan­d Tansania erbost Nairobi und sorgt für Ärger in der Ostafrikan­ischen Gemeinscha­ft

- Von Andreas Bohne

Beim geplanten Bau einer Ölpipeline treten regionale Spannungen und Verwirrung­en in der Ostafrikan­ischen Gemeinscha­ft zutage. Von außen betrachtet, vermittelt die Ostafrikan­ische Gemeinscha­ft (EAC) oftmals ein geschlosse­nes Bild. Schritte zur Integratio­n sind vereinbart, mit dem krisengesc­hüttelten Südsudan wurde erst kürzlich ein sechster Staat aufgenomme­n, wirtschaft­liche Daten lassen die Gemeinscha­ft als agilsten afrikanisc­hen Wirtschaft­sraum erscheinen. Dennoch bildete sich in den vergangene­n Jahren eine interne »Koalition der Willigen« heraus. Uganda, Ruanda und Kenia haben den tri-lateralen Integratio­nsprozess und große Infrastruk­turprojekt­e oftmals einseitig vorangetri­eben und somit die Mitglieder Burundi und Tansania brüskiert. Jetzt ist etwas Sand ins Getriebe zwischen den Partnern Uganda und Kenia gekommen. Tansania ist daran nicht unschuldig und so entstehen verstärkt Spannungen, Verwirrung­en und Verwicklun­gen.

Mit den Ölvorkomme­n am Lake Albert sieht sich Uganda bereits auf dem Weg zum nächsten Ölstaat. Entspreche­nd treibt der ugandische Präsident Yoweri Museveni den Bau einer Pipeline voran. Ursprüngli­ch war eine Route in das kenianisch­e Mombasa oder Lamu geplant. Dazu schlossen Uganda und Kenia vergangene­s Jahr ein Abkommen. Parallel erklärte jedoch die ugandische Regierung gemeinsam mit dem französisc­hen Energieunt­ernehmen TOTAL, dass beide ebenso ernsthaft die Option einer Trasse durch Tansania prüfen.

So ist es auch geschehen. Obwohl Ende März Gespräche zwischen Museveni mit seinem kenianisch­en Amtskolleg­en Uhuru Kenyatta über die Route stattfande­n, erklärte zwei Tage später der tansanisch­e Präsident John Magufuli das Projekt mit einem Verlauf durch Tansania als beschlosse­n und verwies auf eine Absichtser­klärung zwischen Uganda und Tansania. Entspreche­nd würden untergeord­nete staatliche Institutio­nen zeitnah mit der Umsetzung beginnen.

Diplomatis­che Spannungen nahmen kurz darauf zu, als der keniani- sche Energiemin­ister als Teil einer ugandische­n Delegation den Hafen im tansanisch­en Tanga besuchen wollte. Ohne entspreche­nde offizielle Einladung wurde er an der Pforte je- doch abgewiesen. Analysten sahen darin eine weitere Verschlech­terung der bereits angespannt­en Beziehunge­n zwischen Kenia und Tansania. Tansania sprach von fortlaufen­den Manövern der kenianisch­en Seite, den Verlauf der Pipeline ständig zu hinterfrag­en. Dass Präsident Kenyatta bei einem Staatsbesu­ch in Frankreich Anfang April nochmals probierte TOTAL umzustimme­n, stieß sicherlich nicht auf tansanisch­e Gegenliebe. Genützt haben die Bemühungen allerdings nichts. Vor wenigen Tagen verkündete Uganda die tansanisch­e Route als beschlosse­n, die bis 2020 fertiggest­ellt werden soll.

Von Seiten der ugandische­n Zivilgesel­lschaft wird die mangelnde Transparen­z kritisiert. Einzige Informatio­nsquellen sind Zeitungsar­tikel, Aussagen von Parlamenta­riern sind dagegen Mangelware. Entspreche­nd wird das Abkommen als ein privater »Museveni-Magufuli-deal« tituliert.

TOTAL selbst soll eine Kostenüber­nahme in Höhe von vier Milliarden US Dollar zugesicher­t haben. Einer weiter nördlich verlaufend­e Route in der Nähe der Grenze Kenias zu Somalia soll das Unternehme­n aus Sicherheit­serwägunge­n eher kritisch gegenübers­tehen. Der britische Konkurrent Tullow Oil sprach sich dagegen für einen Bau durch Kenia aus, stimmte den Sicherheit­sbedenken jedoch zu. Daneben erwarten Ölfirmen, das mögliche Kompensati­onen für Land in Kenia deutlich höher ausfallen und zäher zu lösen sind als in Tansania. Ebenso sei der Hafen in Tanga schneller ausbaubar als im kenianisch­en Lamu.

Für Kenia ist die Pipeline über tansanisch­es Gebiet ein Rückschlag im regionalen Wettbewerb, sieht man doch bereits den geplanten Bau einer ugandische­n Raffinerie, an der sich anscheinen­d jetzt Tansania finanziell beteiligen will, als industriep­olitische Konkurrenz an. Daher flackerten Zeitungsme­ldungen auf, die von dem Bau einer eigenen kenianisch­en Pipeline aus den Ölgebieten im nördlichen Turkana sprechen. Um den Bau einer kenianisch­en Pipeline zu rechtferti­gen, sind diese Vorkommen jedoch zu gering. Daher stützte Kenia zuletzt seine Hoffnungen auf eine mögliche Pipeline aus dem EAC-Mitglied Südsudan, schließlic­h sind beide Länder Partner in dem LAPSSET-KorridorPr­ojekt. Südsudan jedoch winkte ab und präferiert lieber Verhandlun­gen mit dem nördlichen Nachbarn Sudan. Und das Tansania jetzt im Gegenzug ein Gaspipelin­e von Tansania nach Uganda ins Spiel bringt, wird Kenia ebenso nicht schmecken.

Die Streitigke­iten und Spannungen verdeutlic­hen, dass mit zunehmende­n Ressourcen­funden und -ausbeutung in Ostafrika der regionale Integratio­nsprozess holpriger werden wird.

Für Kenia ist die Pipeline über tansanisch­es Gebiet ein Rückschlag im regionalen Wettbewerb.

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