Zukunft nicht berechenbar
Die herrschende Bundespolitik hat bisher keine befriedigende Lösung für die Finanzierung der Renten und der Pflege. Renten und Pflege sind in Brandenburg Zukunftsfragen, auf welche die Politik bislang keine Antwort gefunden hat. Zunächst schleichend, aber unweigerlich geraten die bisherigen Berechnungsgrundlagen durcheinander. Der Vorstoß von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zur »Rente mit 70« beinhaltet zumindest einen rationalen Kern: So wie bisher geht es in Zukunft nicht weiter. Was diese Gesellschaft nötig hat, ist aber eine Stärkung der Solidargemeinschaft und nicht das erfolgreiche Streben von Lobbygruppen, sich daraus zu verabschieden.
Beim Gesellentag des brandenburgischen Handwerks wurde es vorgerechnet. Heute stützen 100 Beschäftigte 57 Rentner. Die extrem niedrigen Geburtenraten zwischen 1990 und 2010 sorgen dafür, dass in 15 Jahren 100 Beschäftigte für 75 Rentner aufkommen müssen. Trotz Rentenerhöhung ändert sich am Grundsatz nichts: Neurentner in Brandenburg haben mit 800 Euro eine Summe zur Verfügung, wie sie der Staat für einen Sozialhilfeempfänger aufwendet.
Seit Kanzler Gerhard Schröder (SPD) wird den Menschen die »private Vorsorge« aufgeschwatzt und aufgezwungen. Ob und was dabei aber für den vertrauensseligen Beitragszahler herauskommt, steht angesichts der Entwicklungen auf dem Finanzsektor in den Sternen. Gut haben es jene, die nicht von einer gesetzlichen Rente abhängen, weil der Steuerzahler ihre Altersversorgung übernimmt, also Politiker und Beamte.
Hinzu kommt, dass mit der Zahl der Senioren die Zahl der Pflegebedürftigen dramatisch ansteigen wird – in Brandenburg bis 2025 um ein Drittel. Das Sozialministerium schätzt, dass in neun Jahren 138 200 Brandenburger pflegebedürftig sein werden. Ministerin Diana Golze (LINKE) sagte, die Pflege sei »eine der größten sozialpolitischen Herausforderungen unserer alternden Gesellschaft«. Ihre Staatssekretärin Almuth Hartwig-Tiedt ergänzte: »In der Pflege werden schon heute händeringend Fachkräfte gesucht.«
Fachleute haben ausgerechnet, dass sämtliche Schulabgänger der 10. Klasse in Brandenburg Pflegeberufe ergreifen müssten, wenn das drohende Fachkräfteloch gestopft werden soll. Doch können die schlecht bezahlten Pflegeberufe können mit vielen anderen Jobs beispielsweise im öffentlichen Dienst nicht konkurrieren.
Es sei schon erstaunlich, mit welchem neoliberalen Eifer an dem fast schon sicher gescheiterten Rentenkonzept der »Agenda 2010« festgehalten wird, sagt der Landesvorsitzende der Volkssolidarität Bernd Niederland. »Das Umlageverfahren, das sich nach dem Zweiten Weltkrieg und im Zuge des Anschlusses der DDR an die BRD als belastbar erwiesen hatte, wurde spätestens seit Beginn der 1990er Jahre bereits durch ›Reformen‹ in der Kohl-Ära systematisch ausgehöhlt. Der Gipfelpunkt war die ›Agenda 2010‹«. Niederland forderte, alle Erwerbstätigen in die Finanzierung des gesetzlichen Rentensystem einzubeziehen, auch Freiberufler, Beamte, Selbstständige, Politiker.