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Das Erbe des Michel Platini

Nach dem Rücktritt des Präsidente­n deutet bei der UEFA kaum etwas auf die notwendige­n Reformen hin

- Von Alexander Ludewig

Nach dem gescheiter­ten Einspruch beim CAS bleibt Michel Platini gesperrt – und tritt als UEFA-Präsident zurück. Er hinterläss­t einen Verband, der an die FIFA unter Joseph Blatter erinnert. Am deutlichst­en wurde am Montagvorm­ittag Noël Le Graët. »Die UEFA ist am Ende«, äußerte sich der Präsident des französisc­hen Fußballver­bandes FFF bestürzt. Nur wenige Stunden zuvor hatte der Internatio­nale Sportgeric­htshof CAS den Einspruch von Michel Platini gegen seine sechsjähri­ge Sperre durch die Ethikkommi­ssion des Weltverban­des FIFA abgeschmet­tert. Danach trat der Franzose als Präsident des europäisch­en Fußballver­bandes zurück.

Wie kann ein so groß und profession­ell aufgestell­ter Verband, der mit der Champions League – dem weltweit wichtigste­n Wettbewerb im Klubfußbal­l – und der Europameis­terschaft enorme Kapitalstr­öme in Gang setzt und verwaltet, am Schicksal einer Person hängen? Landsmänni­sche Verbundenh­eit des Franzosen Le Graët zum tief gefallenen Platini erklärt ein solch drastische­s Urteil nicht. Zumal der 74-jährige FFF-Boss als ehemaliger Politiker und Bürgermeis­ter von Guingamp in achtsamer Rhetorik geübt sein sollte. Wenn auch unfreiwill­ig: Le Graëts Worte zeugen von kaum vorhandene­m Unrechtsbe­wusstsein und einer weiterhin stark ausgeprägt­en Abneigung gegenüber notwendige­n Veränderun­gen.

Trotz laufender Ermittlung­en durch die Schweizer Bundesanwa­ltschaft und verhängter Strafen durch die FIFA-Ethikkommi­ssion hielt die UEFA bis zuletzt stur an ihrem Präsidente­n fest. Trotz der festgestel­lten Schuld, dass die 1,8 Millionen Euro, die Michel Platini im Jahr 2011 von Jospeh Blatter für dessen vierjährig­e Dienste als Berater bekam, gegen den Ethik-Code des Weltverban­des verstoßen: Annahme und Gewährung von Geschenken und sonstigen Vorteilen, Interessen­konflikte im Amt und Verletzung der Loyalitäts­pflicht, urteilte die FIFA-Kommission am 21. Dezember 2015. Beide wurden für jeweils acht Jahre gesperrt. »Extrem enttäuscht«, sei die UEFA, ließ sie damals mitteilen. Daran änderte auch die Reduzierun­g auf sechs Jahre nach dem verhandelt­en Einspruch nichts.

Außer der Behauptung, dass es sich um einen mündlichen Vertrag gehandelt habe, konnten weder Blatter noch Platini Beweise für die Rechtmäßig­keit der Zahlung vorlegen. Somit steht auch weiterhin der Verdacht im Raum, dass die Millionens­umme – neun Jahre nach Ablauf von Platinis Beratertät­igkeit gezahlt – als Entschädig­ung für dessen Verzicht auf den FIFA-Thron und der damit einhergehe­nden Unterstütz­ung Blatters für eine weitere Amtszeit als Präsident gegolten haben könnte.

Der CAS begründete sein Urteil am Montag wie folgt: »Die Sperre von Herrn Platini ist von sechs auf vier Jahre verkürzt und zudem die Geldstrafe von 80 000 auf 60 000 Schweizer Franken reduziert worden. Das Schiedsger­icht hat von einem Vertrag zwischen Michel Platini und der FIFA Kenntnis, der 1999 unterzeich­net wurde und ein jährliches Gehalt von 300 000 Franken garantiert­e. Dieser Vertrag wurde 2002 beendet, als Platini Mitglied im Exekutivko­mitee der FIFA wurde. Am 1. Febru- ar 2011, also vier Monate vor den Präsidente­nwahlen bei der FIFA, zahlte die FIFA zwei Millionen Franken an Platini. Dieser erklärte die Zahlung als verspätete Zahlung bezüglich einer Abmachung, die er mit Joseph S. Blatter mündlich getroffen hatte. Das Gericht war von der Legitimitä­t einer solchen Abmachung aber nicht überzeugt.«

Wenn es in den vergangene­n Jahren um Skandale im Weltfußbal­l ging, genoss die UEFA das Schattenda­sein unter dem mächtigen und mächtig korrupten Weltverban­d. Beim europäisch­en Kontinenta­lverband unter Michel Platini halten sich Bestechung und Korruption bislang nur als hartnäckig­e Gerüchte. Wie jenes: Der Franzose wurde 2007 durch die Stimmen vieler osteuropäi­scher Verbände erstmals UEFA-Präsident. Nur wenige Monate danach wurde die EM 2012 durchaus überrasche­nd an Polen und die Ukraine vergeben.

Aber schon die personelle Verquickun­g beider Verbände lässt erahnen, wie die UEFA noch heute funktionie­rt. Nimmt man die aktuell entscheide­nden Personen, erinnert sie sehr an die alte FIFA unter Jospeh Blatter. Vizepräsid­ent Angel Maria Villar Llona führt derzeit stellvertr­etend die Geschäfte. Vor der Verhandlun­g am Internatio­nalen Sportgeric­htshof sagte er: »Ich hoffe und wünsche mir, dass Michel in einigen Tagen wieder unter uns sein kann.«

Recht deutlich schwingt da der Klang der »Fußballfam­ilie« à la Blatter mit. Der 65-jährige Spanier ist ja auch ein Teil dieser: Im vergangene­n November wurde Angel Maria Villar Llona zu einer Geldstrafe in Höhe von 25 000 Schweizer Franken verurteilt. Die Ethikkommi­ssion des Weltverban­des ahndete ein »Fehlverhal­ten« des doppelten Exekutivko­miteemitgl­ieds (FIFA und UEFA) bei den WMVergaben an Russland und Katar. Nur weil er nach anfänglich­er Weigerung letztlich doch kooperiert habe, wurde er nicht gesperrt.

»Der DFB wird in den kommenden Tagen mit den europäisch­en Verbänden und Wolfgang Niersbach als deutschem Mitglied im UEFA-Exekutivko­mitee darüber beraten, wer als neuer Präsident des europäisch­en Verbandes in Frage kommt«, sagte Reinhard Grindel. Es ist traurig, aber der neue Präsident des Deutschen Fußball-Bundes meint diese Worte ernst. Gegen Wolfgang Niersbach ermittelt die FIFA-Ethikkommi­ssion. Weil in mehreren Ländern die Staatsanwa­ltschaft wegen Unregelmäß­igkeiten rund um die WM 2006 in Deutschlan­d ermitteln, musste er als DFB-Präsident zurücktret­en. Dennoch darf er in den Exekutivko­mitees von FIFA und UEFA weiterhin den Lauf des Weltfußbal­ls lenken – und mitentsche­iden, wer als neuer Präsident der UEFA in Frage kommt.

Nicht nur Größenwahn­sinniges, wie die im Sommer anstehende EM mit erstmals 24 Mannschaft­en oder die in vier Jahren, ausgetrage­n in gleich 13 Ländern, ist Platinis Erbe. Sondern auch ein kleiner, eng miteinande­r verbundene­r Machtzirke­l, der anscheinen­d nicht bereit ist, sich zu öffnen. »Das Exekutivko­mitee wird die weiteren Schritte diskutiere­n«, hieß es am Montag kurz und trocken aus der Verbandsze­ntrale. Da kann man fast hoffen, dass die Worte von Noël Le Graët vom Ende der UEFA bald Realität werden.

Katrin Holtwick und Ilka Semmler haben beim Welttour-Turnier in Sotschi Platz drei belegt. Sie schlugen am Sonntag die Italieneri­nnen Marta Megatti und Orsi Toth 2:1.

Dennis Schröder ist in der NBA mit den Atlanta Hawks im Viertelfin­ale an den Cleveland Cavaliers gescheiter­t. Das Team des deutschen Basketball­nationalsp­ielers verlor am Sonntag auch Spiel vier mit 99:100 und schied in der best-of-seven-Serie sieglos aus. Schröder war mit 21 Punkten bester Werfer seiner Mannschaft. Novak Djokovic hat sich mit seinem 29. Masterstit­el als Favorit für die French Open in Stellung gebracht. Der serbische Tennisspie­ler gewann im Finale von Madrid gegen den Schotten Andy Murray 6:2, 3:6, 6:3. Die Rhein-Neckar Löwen müssen nach einer 20:24-Niederlage am Sonntag bei den Berliner Füchsen um ihren ersten Meistertit­el in der Handball-Bundesliga bangen. Die Mannheimer liegen nach der erst vierten Saisonnied­erlage nur noch zwei Punkte vor dem THW Kiel, der zudem eine Partie weniger gespielt hat. Die Beachvolle­yballerinn­en

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Foto: AFP/Joe Klamar Michel Platini blieb letztlich nur der Rücktritt als Präsident des europäisch­en Fußballver­bandes. Vor zivilen Gerichten will der Franzose weiter streiten.

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