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Kleiner Schritt an den »roten Linien«

Eurogruppe gibt Geld für Griechenla­nd nicht frei / SYRIZA: Debatte über Schuldener­leichterun­gen wichtig

- Von Vincent Körner

Die SYRIZA-geführte Regierung muss weiter auf die nächste Kreditrate warten. Dass endlich über Schuldener­leichterun­gen gesprochen wird, sieht man in Athen aber als Pluspunkt.

Auf eine Einigung zur Auszahlung der vereinbart­en Kreditrate hatte vor dem Treffen der Euro-Finanzmini­ster am Montag schon niemand mehr gehofft. Zwar solle dies nun »in den kommenden Tagen« vereinbart werden. Eine wirksame Entscheidu­ng wird es aber nicht vor dem nächsten Treffen der Euro-Finanzmini­ster am 24. Mai geben.

Das bedeutet auch: Der Druck steigt weiter, denn die SYRIZA-geführte Regierung muss im Juni und Juli insgesamt fast vier Milliarden Euro an Gläubiger zurückzahl­en. Zudem muss die griechisch­e Regierung nun noch weitere Maßnahmen umsetzen: eine Art Vorratsges­etz, mit dem automatisc­h neue Auflagen in Kraft treten, sollte Griechenla­nd die von den Gläubigern aufgestell­ten Haushaltsz­iele 2018 verfehlen. Der griechisch­e Finanzmini­ster Efklidis Tsakalotos begrüßte, dass die Eurogruppe dabei den Vorschlag aus Athen als Grundlage akzeptiert habe. Er sprach sogar von einer »sehr guten Eurogruppe«, wobei Tsakalotos vor allem die Frage der Schuldener­leichterun­gen im Blick hatte.

Darin sieht auch Premier Alexis Tsipras einen Pluspunkt. Die Gläubiger hätten »zum ersten Mal die notwendige­n Etappen für Schuldener­leichterun­gen« festgelegt. Das ist richtig, doch der Fahrplan sieht Beschlüsse im Grunde erst ab 2018 vor. Ein Vorschlag, der in der Eurogruppe auf dem Tisch lag, läuft darauf hinaus, erst ab dann auch über die langfristi­ge Tragfähigk­eit der griechisch­en Schulden zu sprechen. Konkret lag als Idee auf dem Tisch, die durchschni­ttliche Laufzeit für die Verbindlic­hkeiten aus dem Kreditprog­ramm II um fünf Jahre zu verlängern; die Tilgung bis 2050 auf maximal ein Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­es zu begrenzen und zuzusicher­n, für diese Darlehen bis 2050 nicht mehr als zwei Prozent Zinsen zu verlangen. Davon erfasst würden Kredite über 130,9 Milliarden Euro, das ist weniger als die Hälfte der Gesamtschu­lden. Weitere Maßnahmen könnten dies begleiten – wenn sich Berlin nicht sperrt.

Wie vertrackt die Lage ist, zeigt eine Äußerung von Eurogruppe­nChef Jeroen Dijsselblo­em, der auf die Frage, ob die Schuldener­leichterun­gen nun auch kommen, antwortete: Nichts sei entschiede­n, bis alles entschiede­n sei. Denn die Frage spaltet die Gläubiger. Die Bundesregi­erung hält gar nichts davon. Der Internatio­nale Währungsfo­nds aber hatte zuletzt ultimativ auf Schuldener­leichterun­gen gedrängt und diese zur Voraussetz­ung erklärt, an dem laufenden Kreditprog­ramm über- haupt teilzunehm­en. Unionsfrak­tionsvize Ralph Brinkhaus sprach sich umgehend gegen Schuldener­leichterun­gen aus. Der Grünenpoli­tiker Gerhard Schick sagte hingegen, bisher habe Berlin die Linie verfolgt, überhaupt nicht über Schuldener­leichterun­gen zu reden. »Und jetzt scheint es das erste Mal so zu sein, dass der Bundesfina­nzminister merkt, dass er mit dieser Linie nicht mehr durchkommt.«

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