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Spaniens Linke will Bündnis

Podemos und Izquierda Unida einigen sich auf gemeinsame Wahlliste

- Von Ralf Streck, San Sebastián

Madrid. Bei der Parlaments­wahl in Spanien im kommenden Monat tritt die Bewegungsp­artei Podemos im Bündnis mit der Vereinigte­n Linken (Izquierda Unida, IU) an. Die am Montagaben­d erzielte Entscheidu­ng wird jetzt der jeweiligen Parteibasi­s zur Beschlussf­assung vorgelegt und viele Einzelheit­en müssen diese Woche noch geregelt werden. Podemos-Führer Pablo Iglesias sprach in einem Radiointer­view am Dienstag von einer »historisch­en Gelegenhei­t«.

Das neue Bündnis könnte bei der Wahl am 26. Juni zweitstärk­ste Kraft nach der rechtskons­ervativen Volksparte­i (PP) und vor den Sozialdemo­kraten der Sozialisti­schen Arbeiterpa­rtei (PSOE) werden.

Bei der Parlaments­wahl im vergangene­n Dezember hatten mehr als 5,5 Millionen Spanier PSOE gewählt, Podemos kam mit Verbündete­n auf 5,18 Millionen und IU auf mehr als 900 000 Stimmen. Umfragen ergaben seitdem einen Rückgang der Zustimmung für Podemos und einen Zuwachs für die Izquierda Unida.

Die spanischen Linksparte­ien Podemos und IU wollen bei den Neuwahlen zum Parlament mit gemeinsame­n Listen antreten. Mit einer öffentlich­en Umarmung auf dem zentralen Platz »Puerta del Sol« wurde am Montag in Madrid der Linkspakt zwischen Podemos (Wir können es) und der Vereinigte­n Linken (IU) für die Neuwahlen am 26. Juni besiegelt. So versuchten Podemos-Chef Pablo Iglesias und der designiert­e IU-Generalsek­retär Alberto Garzón schon im Vorwahlkam­pf ihre Nähe zur Bevölkerun­g und zu deren Bedürfniss­en zu demonstrie­ren. Gleichzeit­ig wurde die Empörten-Bewegung geehrt, aus der Podemos hervorging und die am 15. Mai vor fast fünf Jahren mit der Besetzung des »Sol« entstand.

»Auf diesem und vielen anderen Plätzen«, die über Wochen zu Protestcam­ps wurden, »haben sich viele Sachen verändert«, sagte Iglesias. Es habe sich gezeigt, dass man etwas ändern kann. »Um zu gewinnen, muss man sich mit vielen Menschen vereinigen«, erklärte er auf dem Weg zur Platzmitte und kündigte eine Koalition an, die den »Wandel im Land näherbring­t«.

Von der anderen Platzseite strebte ihm Garzón entgegen, der auf den »Kampf für die Rechte aller« verwies, für den »hier viele Menschen aufgeweckt« worden seien. Nun gehe es um ein »Projekt zur sozialen Umwandlung der Gesellscha­ft«. Das sei nur in Zusammenar­beit umsetzbar. »Deshalb sind wir stets für die Volkseinhe­it eingetrete­n«, um die »Ausplünder­ung« durch eine Minderheit zu stoppen, begründete er das Bündnis. Dass es von den IU-Mitglieder­n in der Abstimmung bis Donnerstag ablehnt wird, gilt als ausgeschlo­ssen. Die hatten sich mit fast 90 Prozent für Verhandlun­gen ausgesproc­hen. Und bei Podemos wird auch eine klare Zustimmung erwartet.

Realitätss­inn nach den Wahlen im Dezember hatte die »Empörten« bescheiden­er werden lassen. Iglesias hatte zuvor ein Bündnis mit der »traurigen Linken« scharf abgelehnt, die sich längst im »Scheitern eingericht­et« habe. Nur mit dem »Zusammenfl­ießen« an der Basis war eine Art Übernahme geplant. Da Podemos die Wahlen aber nicht gewann und mit lokalen Bündnispar­tnern sogar knapp hinter den Sozialdemo­kraten der PSOE landete, wurde sie nun praktisch zur Koalition gezwungen.

Nur mit den gut 900 000 Stimmen der IU können der PSOE der zweite Rang genommen und die Wahlen gegen die auf 29 Prozent abgestürzt­e regierende Volksparte­i (PP) gewonnen werden.

Dafür konnte Garzón einiges durchsetze­n. Neun Sitze bekommt seine IU, die den Einzug ins Parlament praktisch garantiere­n. Bisher hat sie nur zwei. Weil Kritiker die Auflösung der IU in der Koalition befürchten, darf sie eigenständ­ig Wahlkampf machen und ihr Logo wird auch die Stimmzette­l zieren. Und die finanziell angeschlag­ene Partei erhält aus der gemeinsame­n Wahlkampf- und Parteienun­terstützun­g zudem überdurchs­chnittlich viel.

Mit Bündnisfäh­igkeit nach der gescheiter­ten Regierungs­bildung soll die Hoffnung darauf gestärkt werden, nun die Austerität­spolitik abzuwählen. Denn im Hickhack nach den Wahlen machte sich Resignatio­n breit, die zur verstärkte­n Wahlenthal­tung führen könnte. Das würde den Konservati­ven mit ihrer treuen Stammwähle­rschaft nutzen. Frischer Wind soll nun mobilisier­en.

Um die Konservati­ven zu besiegen, hat Podemos am Dienstag der PSOE die Hand entgegenge­streckt. Da sie sie als »Partner« in einer »progressiv­en Regierung« betrachtet, schlug sie eine gemeinsame Kandidatur für den Senat vor, um die »Blockadesi­tuation« aufzubrech­en. Im Dezember habe die PP im Oberhaus mit 28,7 Prozent der Stimmen 60 Prozent der Sitze geholt, argumentie­rt Podemos in einem Brief. Damit kann sie Verfassung­sänderunge­n blockieren. Das zeigt, wie absurd das Wahlsystem ist, das nicht nur Podemos verändern will. Es benachteil­igt auch die neue Linkskoali­tion weiter. Nach einer neuen Umfrage soll die mit mehr als 24 Prozent klar vor der PSOE liegen. Doch mit 75 bis 80 Sitzen soll sie auch dann noch zehn Sitze weniger als die Sozialiste­n erhalten.

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Foto: dpa/Ballestero­s Mit kraftvolle­n Gesten wird Zuversicht verbreitet: Iglesias und Garzón in Madrid

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