Stück über Genozid an Armeniern
Es
ist ein dunkles Kapitel der türkischen Geschichte, das Regisseur Nuran David Calis auf die Bühne des Münchner Residenztheaters bringt. Er inszeniert dort »Die vierzig Tage des Musa Dagh« nach dem Roman von Franz Werfel über den Massenmord an den Armeniern im damaligen Osmanischen Reich. Erst vor kurzem sorgte das Konzertprojekt »Aghet« der Dresdner Sinfoniker über die Verbrechen an den Armeniern für Schlagzeilen, weil der türkische EU-Botschafter von der Europäischen Union verlangte, Fördergelder für das Projekt zu streichen. Nun kommt ein ähnlich brisantes Stück auf die Bühne.
Widerstand gegen sein Projekt habe er bisher nicht erlebt. »Aber ich weiß nicht, was passiert, wenn ich das nächste Mal in die Türkei fahre«, sagte Calis, der armenische Wurzeln hat – und Familie in der Türkei. »Die Türkei ist für mich Heimat und Hölle zugleich.« Die Türkei wehrt sich bis heute gegen die Einstufung des Verbrechens als Genozid. Calis vergleicht die Verfolgung der Armenier Anfang des 20. Jahrhunderts im Osmanischen Reich, der Schätzungen zufolge bis zu 1,5 Millionen Angehörige der christlichen Minderheit zum Opfer fielen, mit der Türkei von heute. Auch das Verhalten Deutschlands sei damals wie heute vergleichbar. »Die Türkei führt im Osten des Landes eines Krieg gegen die Kurden – und wir halten die Klappe«, sagte er. Die deutsche Bundesregierung müsse sich in diesen Fragen dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan entschieden entgegenstellen.
In seinem Stück steht ein aus armenischen, türkischen und deutschen Schauspielern bestehendes Ensemble auf der Bühne. So sollen »Täter- und Opfervolk« versuchen, sich zu erinnern mit dem Ziel einer gemeinsamen Geschichtsschreibung. Im Zentrum des Stückes steht die Verschanzung von fast 5000 armenischen Vertriebenen auf dem Musa Dagh, dem Mosesberg in der Nähe der türkischen Mittelmeerküste, und ihre wundersame Rettung auf ein französisches Kriegsschiff.