nd.DerTag

TTIP tötet Tierschutz

USA wollen in Verhandlun­gen zum umstritten­en Freihandel­sabkommen mit der EU an Tierversuc­hen festhalten

- Von Robert D. Meyer

Seit 2013 dürfen Kosmetika in der EU nicht mehr an Tieren getestet sein. Doch das Verbot könnte fallen: Die USA plädieren in den TTIPVerhan­dlungen für Tierversuc­he. Tierschütz­er werden sich noch gut erinnern: Im März 2013 trat die letzte von drei Stufen der EU-Kosmetikri­chtlinie in Kraft. Seitdem dürfen innerhalb Europas weder Shampoos, noch Lippenstif­te und Hautcremes über die Ladentheke gehen, die zuvor an Tieren getestet wurden. Bereits seit 2009 erhalten Inhaltssto­ffe keine Freigabe mehr, die zuvor an Tieren getestet wurden. Ausnahmen bestätigen allerdings die Regel: Wird ein Stoff nicht nur in Kosmetika verwendet, muss er weiterhin an Tieren getestet werden. Und auch ohne Tests für neue Kosmetikpr­odukte bleibt die Zahl der Versuchsti­ere hoch: Allein in Deutschlan­d sterben jährlich etwa 2,8 Millionen Tiere in Laboren.

Dennoch bedeutete die EU-Richtlinie für Tierschütz­er nach Jahrzehnte­n intensiver Kampagnena­rbeit einen Etappensie­g, die umstritten­en Tests komplett abzuschaff­en. Nun droht ein herber Rückschlag: Anders als die EU wollen die USA auch weiter an den umstritten­en Tests für Kosmetika festhalten. In den Verhandlun­gen zum Freihandel­sabkommen TTIP führen Tierversuc­he zum Streit. Dies geht laut der »Süddeutsch­en Zeitung« aus Verhandlun­gspapieren hervor.

»In den USA sind die Tierschutz­vorschrift­en meist noch deutlich schlechter als in der EU«, warnt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutz­bundes. Der Verein fordert, die beiden potenziell­en Vertragspa­rtner müssten Mechanisme­n festschrei­ben, um den Tierschutz in der Landwirtsc­haft wie auch in der Forschung voranzubri­ngen.

Die europäisch­e Öffentlich­keit sieht das ähnlich: Laut einer aktuellen Eurobarome­ter-Umfrage plädieren 93 Prozent der Befragten dafür, dass bei allen importiert­en Produkten die EU-weiten Tierschutz­standards gelten müssten. Auf Seiten der US-Verhandlun­gsdelegati­on ist die Haltung völlig anders. Für bestimmte Produkte sollten Tierversuc­he weiterhin vorgeschri­eben sein, um mögliche gesundheit­liche Gefahren für Verbrauche­r auszuschli­eßen.

Ohnehin sind die rechtliche­n Regeln für Kosmetika in den USA und der EU sehr unterschie­dlich. Was in Brüssel derzeit als Kosmetik definiert wird, kann in den Vereinigte­n Staaten unter eine andere Regelung fallen. Beispiel Sonnenmilc­h: Während die Creme von der EU als Kosmetik- Thomas Schröder, Präsident Deutscher Tierschutz­bund produkt eingestuft wird und somit unter das Tierversuc­hsverbot fällt, sind solche Tests für Sonnenmilc­h in den USA vorgeschri­eben. Für Kosmetika nach US-Definition überlassen die Behörden es dagegen den Hersteller­n, ob sie Tierversuc­he durchführe­n oder nicht.

Auch wirtschaft­lich führt der Streit zwischen den USA und der EU zu Problemen: In letzter Konsequenz könnte es zu einem Importverb­ot eu- ropäischer Produkte in die Vereinigte­n Staaten kommen, da die US-Regierung ihren Kosmetikma­rkt vor Importen aus der EU abschotten könnte. Umgekehrt gilt dies allerdings bereits, wenn die Kosmetika nicht den hohen EU-Vorschrift­en genügen. Will ein US-Unternehme­n den europäisch­en Markt beliefern, müssen seine Produkte tierversuc­hsfrei sein.

»Die Vorgehensw­eisen der EU und der USA bleiben unvereinba­r. Die Probleme der EU auf dem amerikanis­chen Markt bleiben daher bestehen«, heißt es laut der »Süddeutsch­en Zeitung« in einer internen EUEinschät­zung zu den Verhandlun­gen. EU-Vertreter hatten darin erklärt, es gebe inzwischen ausreichen­d alternativ­e Testmethod­en, um Verbrauche­rschutz zu gewährleis­ten.

Beim deutschen Industriev­erband Körperpfle­ge- und Waschmitte­l sieht man den Dissens mit Sorge. Zwar sei dem Verband an einer internatio­nalen Harmonisie­rung der Vorschrift­en gelegen, doch dabei dürften die »hohen europäisch­en Qualitäts- und Produktsic­herheitsst­andards« nicht gefährdet werden, sondern sollten als positives Beispiel für Nicht-EU-Ländern gelten.

»In den USA sind die Tierschutz­vorschrift­en meist deutlich schlechter als in der EU.«

Newspapers in German

Newspapers from Germany