TTIP tötet Tierschutz
USA wollen in Verhandlungen zum umstrittenen Freihandelsabkommen mit der EU an Tierversuchen festhalten
Seit 2013 dürfen Kosmetika in der EU nicht mehr an Tieren getestet sein. Doch das Verbot könnte fallen: Die USA plädieren in den TTIPVerhandlungen für Tierversuche. Tierschützer werden sich noch gut erinnern: Im März 2013 trat die letzte von drei Stufen der EU-Kosmetikrichtlinie in Kraft. Seitdem dürfen innerhalb Europas weder Shampoos, noch Lippenstifte und Hautcremes über die Ladentheke gehen, die zuvor an Tieren getestet wurden. Bereits seit 2009 erhalten Inhaltsstoffe keine Freigabe mehr, die zuvor an Tieren getestet wurden. Ausnahmen bestätigen allerdings die Regel: Wird ein Stoff nicht nur in Kosmetika verwendet, muss er weiterhin an Tieren getestet werden. Und auch ohne Tests für neue Kosmetikprodukte bleibt die Zahl der Versuchstiere hoch: Allein in Deutschland sterben jährlich etwa 2,8 Millionen Tiere in Laboren.
Dennoch bedeutete die EU-Richtlinie für Tierschützer nach Jahrzehnten intensiver Kampagnenarbeit einen Etappensieg, die umstrittenen Tests komplett abzuschaffen. Nun droht ein herber Rückschlag: Anders als die EU wollen die USA auch weiter an den umstrittenen Tests für Kosmetika festhalten. In den Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP führen Tierversuche zum Streit. Dies geht laut der »Süddeutschen Zeitung« aus Verhandlungspapieren hervor.
»In den USA sind die Tierschutzvorschriften meist noch deutlich schlechter als in der EU«, warnt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Der Verein fordert, die beiden potenziellen Vertragspartner müssten Mechanismen festschreiben, um den Tierschutz in der Landwirtschaft wie auch in der Forschung voranzubringen.
Die europäische Öffentlichkeit sieht das ähnlich: Laut einer aktuellen Eurobarometer-Umfrage plädieren 93 Prozent der Befragten dafür, dass bei allen importierten Produkten die EU-weiten Tierschutzstandards gelten müssten. Auf Seiten der US-Verhandlungsdelegation ist die Haltung völlig anders. Für bestimmte Produkte sollten Tierversuche weiterhin vorgeschrieben sein, um mögliche gesundheitliche Gefahren für Verbraucher auszuschließen.
Ohnehin sind die rechtlichen Regeln für Kosmetika in den USA und der EU sehr unterschiedlich. Was in Brüssel derzeit als Kosmetik definiert wird, kann in den Vereinigten Staaten unter eine andere Regelung fallen. Beispiel Sonnenmilch: Während die Creme von der EU als Kosmetik- Thomas Schröder, Präsident Deutscher Tierschutzbund produkt eingestuft wird und somit unter das Tierversuchsverbot fällt, sind solche Tests für Sonnenmilch in den USA vorgeschrieben. Für Kosmetika nach US-Definition überlassen die Behörden es dagegen den Herstellern, ob sie Tierversuche durchführen oder nicht.
Auch wirtschaftlich führt der Streit zwischen den USA und der EU zu Problemen: In letzter Konsequenz könnte es zu einem Importverbot eu- ropäischer Produkte in die Vereinigten Staaten kommen, da die US-Regierung ihren Kosmetikmarkt vor Importen aus der EU abschotten könnte. Umgekehrt gilt dies allerdings bereits, wenn die Kosmetika nicht den hohen EU-Vorschriften genügen. Will ein US-Unternehmen den europäischen Markt beliefern, müssen seine Produkte tierversuchsfrei sein.
»Die Vorgehensweisen der EU und der USA bleiben unvereinbar. Die Probleme der EU auf dem amerikanischen Markt bleiben daher bestehen«, heißt es laut der »Süddeutschen Zeitung« in einer internen EUEinschätzung zu den Verhandlungen. EU-Vertreter hatten darin erklärt, es gebe inzwischen ausreichend alternative Testmethoden, um Verbraucherschutz zu gewährleisten.
Beim deutschen Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel sieht man den Dissens mit Sorge. Zwar sei dem Verband an einer internationalen Harmonisierung der Vorschriften gelegen, doch dabei dürften die »hohen europäischen Qualitäts- und Produktsicherheitsstandards« nicht gefährdet werden, sondern sollten als positives Beispiel für Nicht-EU-Ländern gelten.
»In den USA sind die Tierschutzvorschriften meist deutlich schlechter als in der EU.«