Geprüft und versiegelt
Bei vielen Testplaketten ist nicht sofort erkennbar, wofür sie vergeben wurden
Prüfzeichen sind für Verbraucher oft ein Buch mit sieben Siegeln. Der Bundesgerichtshof will für mehr Klarheit sorgen, der TÜV Rheinland sieht sich dafür bereits gerüstet. TÜV-Plakette, Blauer Engel, Biosiegel, Stiftung-Warentest-Urteil, Ökotest-Qualitätssiegel – die Menge der Produktkennzeichnungen ist unüberschaubar. Oft wissen die Kunden auch gar nicht, was wann und wie getestet wurde. Dass es viele gern wissen würden, belegt der noch unveröffentlichte Verbraucherspiegel des TÜV Rheinland, der »nd« vorliegt. Demnach achten 35 Prozent der Verbraucher vor einem Kauf oft oder sehr oft darauf, ob ein Produkt auf Qualität, Sicherheit oder Schadstoffe getestet wurde. Ob sie am Ende dann auch das Produkt mit dem Siegel kaufen, ist damit aber noch nicht gesagt – 90 Prozent der 1320 repräsentativ Befragten achten auf den Preis, immerhin 63 Prozent zunächst mal auf den Hersteller oder die Marke.
Sortiert man jedoch nach Produktkategorien, zeigen sich die Prioritäten recht deutlich: Bei Schutzkleidung wie Fahrradhelmen sowie bei Kinderspielzeug oder Haushaltsgeräten ist es jeweils rund 80 Prozent der Konsumenten wichtig, dass diese von unabhängiger Stelle getestet wurden. Geht es um Haushaltswaren oder Textilien, bedeutet den Verbrauchern ein Prüfsiegel nicht so viel: Rund 60 Prozent achten hier darauf. Lebensmittel waren von der Umfrage ausgenommen.
Da der Verbraucherspiegel erstmalig erhoben wurde, lässt sich aber nicht erkennen, ob sich diese Zahlen in den vergangenen Jahren verändert haben. Über Textilsiegel etwa fand ei- ne intensive mediale Debatte statt, die möglicherweise die Aufmerksamkeit der Verbraucher für das Thema Sicherheit und faire Herstellungsbedingungen geweckt beziehungsweise intensiviert hat.
Auch über die grundsätzliche Bedeutung von Prüfsiegeln für Unternehmen und Verbraucher finde derzeit eine gesellschaftliche Debatte statt, sagte Hartmut Müller-Gerbes, Konzernsprecher des TÜV Rheinland, am Dienstag in Berlin. Deren Höhepunkt werde wohl ein für den 21. Juli erwartetes Bundesgerichtshofurteil darstellen. Der Verein »Wirtschaft im Wettbewerb« hatte geklagt, weil seiner Ansicht nach das Zertifikat »TÜVgeprüft« teils missbräuchlich beziehungsweise unpräzise als Werbemaßnahme verwendet werde.
Müller-Gerbes erwartet von dem Urteil eine verbraucherfreundlichere Regelung, als es sie bisher gibt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte bereits deutlich gemacht, dass solche Prüfhinweise für den Käufer viel ein- deutiger nachvollziehbar sein müssten. Unter anderem müsse klar werden, wer geprüft habe, was genau getestet wurde und wo der Kunde weiterführende Informationen und detaillierte Testberichte bekommen könne.
In dieser Frage sieht sich der TÜV Rheinland gut vorbereitet: Auf der Internetseite Certipedia.com könnten Verbraucher bereits jetzt alle Prüfzeichen und Testkriterien des TÜV Rheinland nachvollziehen – entweder über eine Sucheingabe der individuellen Testnummer, des Produktnamens, der allgemeinen Warenkategorie oder über einen mit dem Smartphone lesbaren QR-Code. Eine vollständige Freigabe der teils viele Seiten umfassenden und sehr technischen Testberichte, wie sie von einigen Verbraucherschützern und Politikern gefordert wird, hält MüllerGerbes jedoch nicht für notwendig. Viel wichtiger sei eine für den Verbraucher sinnvoll und lesbar aufbereitete Kurzversion.