Tormaschine als Maskottchen
Teil 1 der nd-Miniserie »Abstiegskampf«: Frankfurt hofft auf Rückkehrer Alexander Meier
Eintracht Frankfurt war schon fast abgestiegen, doch nach drei Siegen in Serie reicht am letzten Spieltag in Bremen plötzlich schon ein Unentschieden. Das soll notfalls der lange verletzte Torjäger besorgen. Wenn sich die Sequenz der letzten Trainingsübung am Dienstagvormittag vor der Frankfurter Arena vier Tage später im Bremer Weserstadion wiederholen sollte, wäre ein im Fußball gerne zitiertes Wunder geschehen. Die letzte Minute. Noch eine Flanke von links. In der Mitte lauert Alexander Meier. Der Torwart pariert seinen Schuss. Die Kugel prallt an die Lattenunterkante. Wieder steht der Mann mit dem Zopf richtig und schiebt lässig mit der Innenseite ein.
Es war kein Zufall, dass Cheftrainer Niko Kovac nach genau dieser Szene diese Übungseinheit von Eintracht Frankfurt vor dem Abstiegsendspiel bei Werder Bremen am Samstag für beendet erklärte. Wenn etwas den in der Vormittagssonne am Geländer ausharrenden Kiebitzen – fast 400 waren in den Stadtwald gepilgert – noch mehr Mut als die drei Siege in Serie geben würde, dann die Tatsache, dass ihr Liebling endlich, endlich wieder auf dem Trainingsplatz stand und sogar trifft. Alexander Meier: Tormaschine, Identifikationsfigur und Sympathieträger in Personalunion.
Schon beim Betreten des Rasens brandete Applaus auf – und hinterher machten Autogrammjäger jede übereilte Flucht unmöglich. Der 33Jährige kommentierte das Comeback nach zehn Wochen Leidenszeit in der ihm eigenen Bescheidenheit. »Ich habe noch nicht viel mit dem Ball trainiert, aber es war ein super Gefühl. Das Wichtigste ist, dass ich schmerzfrei bleibe.« Und ehrlich fügte der 1,96-Meter-Schlaks an: »Ich bin na- türlich nicht fit. Ich kann erst seit zehn Tagen laufen.« Fahrradfahren, fügte er mit einem Schmunzeln an, könne er hingegen mittlerweile »richtig gut«.
Das ramponierte rechte Knie, in dem zunächst der Einriss eines Fettkörpers, dann ein Knochenödem und letztlich Vernarbungen diagnostiziert und operiert wurden, habe den Krafttest bestanden, erklärte Kovac. »Von der muskulären Seite ist alles okay, aber ein Spiel ist noch einmal etwas anderes.« Zehn Wochen Pause sind nicht mit fünf Einheiten Teamtraining aufzufangen. Einerseits. Andererseits weiß der langjährige Bundesligaspieler selbst, dass es am Ende des letzten Spieltags nicht zwangsläufig nur um körperliche Fitness geht. Sondern womöglich um einen finalen Überraschungseffekt, um eventuell einen Rückstand gegen den zum Siegen verdammten Gastgeber aufzuholen. »Alex ist vielleicht eine Alternative auf der Bank«, sagte Kovac denn auch. Eine Versicherung für den Notfall. Und sonst eben das Maskottchen der Frankfurter mit dem Adler auf dem Trikot. Der lebendige Steinadler Attila tritt schließlich nur bei Heimspielen in Erscheinung.
Braucht es aber Meier wirklich? Die »Auferstehung« der Eintracht ist auf der Zielgeraden ohne den »Fußballgott« gelungen. »Trotzdem sollte es meinen Jungs einen Push geben, dass der Kapitän wieder an Bord ist«, beteuerte Kovac, der Frankfurts wichtigsten Spieler des letzten Jahrzehnts, immerhin Torschützenkönig der vergangenen Saison, nicht von Beginn an in Bremen aufstellen wird. »Wir müssen den Deckel noch draufsetzen. Das kann uns nur gelingen, wenn wir keinen Millimeter nachlassen. Sonst müssen wir nachsitzen.« Lust auf die Saisonverlängerung hat Meier übrigens am allerwenigsten. Seine letzte Anmerkung lautete: »Hauptsache, wir holen den einen Punkt. Ich fahre lieber unfit in den Urlaub als fit in die Relegation.«