Schlimmste Hitze seit 100 Jahren
In zu heißen Flüssen Südostasiens sterben die Fische, auf den Feldern das Vieh
Asien stöhnt unter der schlimmsten Hitzewelle seit fast 100 Jahren. In Kambodscha vertrocknen Felder. Im zu heißen Wasser der Flüsse kommt es zum Massensterben von Fischen. »Es ist heiß heute«, ist der in diesen Tagen meistgehörte Satz. Kambodscha und der »Rest« Südostasiens leiden seit Monaten unter einer drückenden, sämtliche Rekorde brechenden Hitzewelle. Das Wetteramt Singapurs meldet den heißesten April seit 1929. In Thailand sprechen Meteorologen von der am längsten andauernden Hitzeperiode seit Beginn der Aufzeichnungen vor 65 Jahren.
Die 38 Grad am Wochenende in Bangkok sind fast schon angenehm kühl zu nennen angesichts der 43 bis 47 Grad, die andere Teile Thailands, Kambodschas und auch Laos’ in Glutöfen verwandeln. Hitze und Trockenheit sind in Südostasien um diese Jahreszeit normal. Aber nicht in diesem Ausmaß. Schuld an der Hitzewelle ist der Monster-El-Nino. Zwar hat der seinen Höhepunkt überschritten und klingt langsam ab. Es wird aber noch dauern, bis die Temperaturen erträglicher werden.
In Bangkok und Singapur bieten die klimatisierten Shopping Malls den Hitzeflüchtlingen Asyl. Niemand beschwert sich mehr über die auf Eiseskälte eingestellten Klimaanlagen. Im Zoo von Bangkok lutschen die Tiere ihr Futter. Affen erhalten tiefgefrorene Obstlollies, Tiger Tiefkühlfleisch.
In den Wohnungen laufen die Klimaanlagen heiß. Christoph, derzeit zum Praktikum bei einer sozialen Einrichtung in Bangkok, erzählt ohne ökologische Gewissensbisse: »Ich lasse in meinem Zimmer Klimaanlage und Ventilator laufen. Ich weiß, dass kostet Unmengen an Strom. Aber anders ist die Hitze nicht zu ertragen.«
Die Appelle des thailändischen Stromunternehmens EGAT, die Klimaanlagen bis 20. Mai jeden Tag zwischen 14 und 15 für eine Stunde abzustellen, verhallen ungehört. Stromund Wasserversorgung der thailändischen Hauptstadt sind in Gefahr, die Dämme so gut wie leer. Das wenige Wasser reicht kaum zum Antrieb die Turbinen der Wasserkraftwerke aus. Trotzdem ist bricht auch der Stromverbrauch mit durchschnittlich 29 000 Megawatt pro Hitzetag alle Rekorde.
Die Hitzeprobleme der Menschen in Bangkok und Phnom Penh sind fast schon Luxus im Vergleich zum Leid und der Not der Menschen auf dem ausgedörrten Land. Die Zeitungen in Thailand und Kambodscha veröffentlichen fast täglich Fotos von ausgetrockneten, rissigen Böden und klapperdürren, in der Hitze verendeten Nutztieren. In Kambodschas Provinz Kampong Thom haben Temperaturen von 47 Grad das Wasser des Flusses Chhmar so sehr aufgeheizt, dass die Fische sterben. Seit 22. April wurden 60 Tonnen toter Fische aus dem Wasser gezogen – aus dem Restwasser. Der Pegel, der normal bei gut einem halben Meter liegt, beträgt nur noch 15 Zentimeter. Verzweifelt versuchen die Behörden den Fluss zu kühlen und mit Sauerstoff zu versorgen. Fisch ist immerhin die mit Abstand wichtigste Proteinquelle der Kambodschaner.