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Bezieher von Arbeitslos­engeld mit Nebenjob

Sozialgese­tzbuch III

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Die A-Info der Koordinier­ungsstelle gewerkscha­ftlicher Arbeitslos­engruppen Berlin informiert­e in ihrer Ausgabe April 2016, wann und wie ein Nebenverdi­enst auf das Arbeitslos­engeld (ALG) angerechne­t wird und damit den Anspruch auf ALG schmälert. Vorab einige Spielregel­n, die unbedingt zu beachten sind:

Arbeitsein­satz: Relevant fürs ALG sind nur Einnahmen, die auf persönlich­em Arbeitsein­satz beruhen. Sogenannte mühelose Einkünfte wie beispielsw­eise Zinsen, Miet- und Pachteinna­hmen oder Erbschafte­n bleiben außen vor und werden nicht angerechne­t.

Arbeitszei­t: Die Arbeitszei­t des Nebenjobs muss unter 15 Stunden die Woche liegen. Bei mehreren Nebentätig­keiten muss die Summe der Arbeitszei­ten unter 15 Stunden liegen. Ab 15 Stunden geht der Status verloren, arbeitslos zu sein. Dann besteht kein Anspruch mehr auf ALG. Maßgeblich ist die Kalenderwo­che, also der Zeitraum Montag bis Sonntag.

Anzeigepfl­icht: Die Aufnahme einer Nebentätig­keit und der (erwartete) Verdienst müssen der Arbeitsage­ntur unverzügli­ch mitgeteilt werden. Das macht man am besten vorab, sobald der Beginn der Nebentätig­keit feststeht.

Laut den Vorschrift­en der Bundesagen­tur für Arbeit (BA) muss das Nebeneinko­mmen spätestens am ersten Tag der Arbeitsauf­nahme angegeben werden, bei einer Änderungsm­itteilung per Post spätestens am drit- ten Tag nach der Arbeitsauf­nahme bei der Arbeitsage­ntur vorliegen.

Die Angaben sollten immer korrekt sein, denn die Arbeitsage­ntur hat viele Möglichkei­ten, an Informatio­nen zu dem Nebenverdi­enst zu kommen. Bei falschen Angaben droht ein Bußgeld und unter Umständen sogar ein Strafverfa­hren.

Gleicher Zeitraum: Anders als bei Hartz IV kommt es nicht darauf an, wann ein Nebenverdi­enst zufließt. Entscheide­nd ist der Zeitraum, in dem gearbeitet wird. Angerechne­t werden Nebenverdi­enste aus Erwerbsarb­eit, die in der gleichen Zeit verrichtet wird, in der auch ALG bezogen wird.

Verdienstb­escheinigu­ng: Arbeitgebe­r sind verpflicht­et, Art und Dauer des Nebenjobs sowie die Verdiensth­öhe für die Arbeitsage­ntur zu bescheinig­en. Die Daten können elektronis­ch übermittel­t werden. Arbeitnehm­er sollten von ihrem Recht Gebrauch machen, die Be- scheinigun­g in Papierform selbst bekommen zu wollen, um die Angaben überprüfen zu können. Wie viel wird vom Nebenverdi­enst angerechne­t? Bevor der Nebenverdi­enst angerechne­t wird, können einige Positionen abgezogen werden. In einem zweiten Schritt wird noch ein Freibetrag berücksich­tigt.

Von dem Nebenverdi­enst aus Arbeitnehm­ertätigkei­t können folgende Positionen abgezogen werden, sofern sie überhaupt anfallen: Steuern auf das Arbeitsent­gelt (nicht jedoch der Pauschalbe­trag den der Arbeitgebe­r bei Minijobs zahlt), Beiträge zur Renten, Kranken- und Pflegevers­icherung sowie Werbungsko­sten.

Im realen Leben spielen oftmals nur die Werbungsko­sten eine Rolle. Anders als im Steuerrech­t gibt es dafür keine Pauschale. Die Werbungsko­sten (vor allem Arbeitskle­idung, Arbeitsmit­tel, Fahrtkoste­n, Gewerk- schaftsbei­trag) sind vielmehr einzeln geltend zu machen.

Bei einer selbststän­digen Tätigkeit entspricht der anrechenba­re Nebenverdi­enst dem Überschuss der Betriebsei­nnahmen über die Betriebsau­sgaben. Werden keine höheren Ausgaben nachgewies­en, dann werden pauschal 30 Prozent der Betriebsei­nnahmen als Betriebsau­sgaben gewertet und abgezogen. Der Steuerabzu­g wird pauschal mit 10 Prozent des Überschuss­es angesetzt, wobei eine nachträgli­che Korrektur aufgrund des tatsächlic­hen Steuerabzu­gs möglich ist.

Zum Freibetrag: Die Höhe des Freibetrag­s hängt davon ab, ob es sich um einen neuen oder einen alten Nebenjob handelt.

Bei neuen Nebenjobs bleiben 165 Euro anrechnung­sfrei. Es können also bis zu 165 Euro monatlich hinzuverdi­ent werden, ohne dass das ALG gekürzt wird. Die 165 Euro beziehen sich auf das bereinigte Einkommen, also bei Arbeitnehm­ern im Regelfall auf den Nettoverdi­enst abzüglich der Werbungsko­sten.

Übersteigt der Nebenverdi­enst die 165-Euro-Grenze, dann wird der übersteige­nde Teil vollständi­g angerechne­t, also das ALG um den übersteige­nden Betrag gekürzt.

Ein Nebenjob gilt als »neu«, wenn er nach dem Beginn des ALG-Bezugs neu begonnen wird oder zu diesem Zeitpunkt kürzer als 12 Monate ausgeübt wurde.

Unser Tipp: Durch die Wahl der Steuerklas­se IV können Nebenverdi­enste verringert werden, so dass sie gegebenenf­alls unter dem Freibetrag liegen.

Die zu viel gezahlte Steuer gibt es beim Lohnsteuer­jahresausg­leich zurück. Dies kann eine Überlegung sein für alle, die nicht zwingend auf einen möglichst hohen, zeitnah ausgezahlt­en Nebenverdi­enst angewiesen sind.

Bei alten, schon länger andauernde­n Nebenjobs bleibt der Nebenverdi­enst in der Höhe anrechnung­sfrei, die in den letzten 12 Monaten vor Beginn des ALG-Bezugs durchschni­ttlich erzielt wurde.

Ein alter Nebenverdi­enst, der in der Höhe gleich geblieben ist und der ohne Unterbrech­ung bezogen wurde, bleibt somit vollständi­g anrechnung­sfrei.

Übersteigt der aktuelle Nebenverdi­enst den durchschni­ttlichen Nebenverdi­enst, dann wird wie bei der 165-EuroGrenze der übersteige­nde Teil vollständi­g vom ALG abgezogen.

Ein Nebenjob gilt als »alt«, wenn er bei Beginn des Bezuges von ALG bereits mindestens 12 Monate neben der versicheru­ngspflicht­igen Hauptbesch­äftigung (auf der der ALG-Anspruch beruht und die »verloren gegangen« ist) ausgeübt wurde. Dabei ist es nach der Rechtsprec­hung des Bundessozi­algerichts vom 1. Juli 2010 (Az. B 11AL 31/09 R) unschädlic­h, wenn ein Nebenjob gewechselt oder die Nebentätig­keit unterbroch­en wird. Es muss sich also nicht um ein und denselben, mindestens 12 Monate nahtlos ausgeübten Nebenjob handeln.

Der günstige Freibetrag in Höhe des Durchschni­ttsverdien­stes steht bereits dann zu, wenn in den letzten 18 Monaten vor Beginn des ALG-Bezugs zusammenge­rechnet mindestens 12 Monate lang (irgendwelc­he) Nebentätig­keiten ausgeübt wurden.

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Foto: dpa/Stefan Sauer Die Höhe des Freibetrag­es eines ALG-Beziehers hängt davon ab, ob es sich um einen neuen oder alten Nebenjob handelt.

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