Das Minderungsrecht und die Risiken
Mietrecht: Mietminderung (Teil 2 und Schluss)
Das Recht auf Mietminderung ist allgemein bekannt und ausgesprochen beliebt. Zum einen, weil nicht einzusehen ist, dass man bei gemindertem Wohnwert die volle Miete zahlen soll. Zum anderen, weil viele glauben, es gäbe kein anderes Druckmittel, um den Vermieter zur Mängelbeseitigung zu bewegen. Doch angesichts einer immer restriktiveren Rechtsprechung raten Berater zum vorsichtigen Umgang mit der Mietminderung. ten sie 40 Prozent weniger Miete für gerechtfertigt. Doch vor Gericht kommt es einzig und allein auf den objektiv beeinträchtigten Wohnwert an. Mietminderung.« Doch die Gerichte nehmen immer eine Gesamtschau vor.
Mietminderung ist also selbst für Experten ein Buch mit sieben Siegeln. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn es nicht seit einigen Jahren ein gewisses Kündigungsrisiko gäbe. Seit einem Urteil des Bundesgerichtshofs von 2006 gilt: Überzogene oder völlig abwegige Mietminderung ist ein schuldhaftes Ver- her waren es zwei –, und neben der fristlosen ist auch die ordentliche Kündigung möglich (BGH vom 11. Juli 2012, Az. VIII ZR 138/11). Das ist deswegen so fatal, weil nur die fristlose Kündigung durch Nachzahlung aus der Welt geschafft werden kann.
Im Klartext: Wer den Mietminderungssatz fahrlässig oder vorsätzlich zu hoch ansetzt – auch darüber entscheiden die Richter nach Ermessen –, kann seine Wohnung verlieren. Für Vermieter, die nur darauf lauern, ihre Mieter loszuwerden, ist diese Rechtsprechung ein Geschenk. Die Mietminderung wird zur Falle. »Der gesetzliche Anspruch auf Mietminderung wird durch den BGH zunehmend ausgehebelt«, kritisiert Rechtsanwalt Christoph Müller, Fachanwalt für Mietrecht.
Der BMV-Jurist Schetschorke warnt: »Man kann schon noch die Miete mindern, muss aber unbedingt darauf achten, unterhalb einer Monatsmiete Mietrückstand zu bleiben.« Dann muss eine rechtliche Klärung herbeigeführt werden. Maciejewski folgendes Vorgehen: Man kündigt die Mietminderung an, teilt dem Vermieter aber mit, dass man einstweilen den Minderungsbetrag unter Vorbehalt zahlt. Nach einigen Monaten fragt man den Vermieter, ob er den geminderten Betrag akzeptiert und rückwirkend erstattet. Verneint der dies oder schweigt er, klagt man die unter Vorbehalt gezahlten Beträge ein. Im Prozess wird dann auch die Berechtigung der Mietminderung geprüft.
Nicht nur durch die Rechtsprechung, auch durch den Gesetzgeber wird das Recht auf Mietminderung immer mehr eingeschränkt. So hat das 2013 eingeführte Mietrechtsänderungsgesetz die Mietminderung bei energetischen Sanierungen drei Monate lang komplett ausgeschlossen. Nicht nachvollziehbar und wenig praxistauglich sei diese Regelung, so der BMV.
Trotz Staub, Baulärm und eingeschränkter Nutzbarkeit der Wohnung muss die volle Miete gezahlt werden. Das ist absurd, denn Mietminderung ist dem Sinn und Zweck nach ein Ausgleich für geminderten Wohnwert. Ob eine Modernisierungsmaßnahme sinnvoll ist oder nicht, ist völlig unerheblich.