Kaufen oder Mieten?
Immobilien und Wohneigentum
Viele Deutsche träumen vom eigenen Heim. Allein 29,6 Millionen Bausparverträge bei privaten und öffentlich-rechtlichen Bausparkassen sprechen eine deutliche Sprache. Doch Mieten ist langfristig oft die bessere Lösung. Von Hermannus Pfeiffer Das Geschäft mit Immobilien blüht. Großstädte werden von Investoren und jungen Familien leer gekauft. Wo ein Plätzchen frei ist, wird neu gebaut oder werden Häuser aufgestockt. Meistens sind die neuen Wohnungen Eigentumswohnungen. Lohnt sich die Anlage in Immobilien für jeden? Finanzberater Gerd Kommer mahnt zur Skepsis. Der Kauf des Eigenheims sollte gut überlegt sein. Für viele ist das eigene Haus oder die eigene Wohnung ein Wunsch, für den es sich lohnt, auf vieles zu verzichten. Und für die meisten ist es auch die größte Investition, die sie als Privatperson tätigen. Verbunden aber auch mit einer jahrzehntelangen Verschuldung.
»Zugleich ist das Thema Eigenheim so sehr von Stammtischmythen, Wunschdenken und Interessenskonflikten der Finanz- und Immobilienbranche überwuchert, dass der Blick auf die Fakten davon vernebelt wird«, warnt Kommer.
Mehr als 80 Prozent der Deutschen würden gern im Eigenheim leben. Das besagt zumindest eine Studie der AllianzVersicherung. Dank niedriger Zinsen ist der Zeitpunkt derzeit an sich günstig. Ein Baukredit von 100 000 Euro mit zehnjähriger Laufzeit ist bereits für drei Prozent Zinsen zu haben.
Doch Mythen und Halbwahrheiten, welche Makler, Bankberater, Bausparkassen, Bauträger und Baufirmen verbreiten, können Ihnen viel Geld und Nerven kosten. Zum Beispiel: »Kaufen ist immer rentabler als Mieten, wenn nur der Zeithorizont lang genug ist.« Kommer meint, dass dies so nicht stimmt und in erstaunlich vielen Fällen Mieten die günstigere Alternative seien!
Für Menschen, die beruflich flexibel bleiben wollen und Wert auf Unabhängigkeit legen, kann eine Mietwohnung die beste Lösung sein – auch wenn das Einkommen ausreichen würde, um zu bauen oder zu kaufen. Wer mindestens zehn Jahre am selben Ort bleiben will und einen sicheren Arbeitsplatz hat, so eine Faustformel, werde dagegen im Eigenheim glücklicher als in einem Mietobjekt. Es geht nicht nur um Geld Häuslebauer und Wohnungskäufer sollten nicht allein ans Geld denken. Es geht auch um Lebensfragen: Brauchen Sie das Gefühl von der eigenen Scholle? Oder schätzen Sie die Bequemlichkeit des Mietens: Sie müssen nur den Hausmeister anrufen – und schon wird der Herd repariert.
Auch Verbraucherschützer warnen vor dem leichtfertigen Kauf von Wohneigentum. »In bestimmten Lebenssituationen kann der Weg in die eigenen vier Wände eine Sackgasse sein«, heißt es bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf.
Vermeiden Sie finanzielle Überforderung. Zu viele Menschen haben schon ihre finanziellen Möglichkeiten und ihre Einkommensreserven überschätzt und mussten miterleben, wie ihr Eigentum in der Zwangversteigerung unter den Hammer kam.
Wichtig für Ihre Entscheidung – Miete oder eigene vier Wände – ist nicht allein, wie viel Sie einnehmen, sondern auch, wie viel Sie ausgeben. Wie hoch sind Ihre Lebenshaltungskosten? Wollen und können Sie diese wirklich einschränken?
Auch die Planung der persönlichen Altersvorsorge ist eng mit der Frage verknüpft, ob Sie langfristig ein Dasein als Mieter planen. Zudem sollten Sie sich fragen, ob Sie Lust auf umfangreiche Planung und den »Papierkrieg« haben, der Sie als Immobilieneigentümer erwartet. Und was ist mit der Rendite? Die ist wie bei Aktien ungewiss. Im historischen Rückblick liegt sie bei etwa 3 Prozent im Jahr. Angesichts der aktuellen Minizinsen ist das eine ordentliche Verzinsung. Ob das Niveau in Zukunft gehalten werden kann, ist fraglich.
Dabei machen die enormen Preissteigerungen für Immobilien in den vergangenen Jahren den Einstieg teuer. Zum Kaufpreis kommen Grunderwerbssteuer, Notargebühren und andere Finanzierungskosten. Sie machen mehr als 10 Prozent des Hauspreises aus. Dieses Geld geht im Fall eines Wiederverkaufs verloren.
Auch die Nebenkosten für die eigene Immobilie liegen monatlich um mindestens 100 Euro höher als bei einem Mietobjekt. Zu den Betriebskosten kommen beim Wohneigentum beispielsweise Grundsteuer und Versicherungsbeiträge hinzu. Auch die Preise für Reparaturen und spätere Modernisierungen steigen. Ob sich dann Ihr Immobilienkauf letztlich in Heller und Pfennig auszahlen wird, hängt vor allem von den Hauspreisen in zwanzig oder dreißig Jahren ab. Die kennt aber niemand. Buchtipps Gerd Kommer: Kaufen oder mieten? Wie Sie für sich die richtige Entscheidung treffen. 248 S. mit Rechentool, 24,95 €. Verbraucherzentrale NordrheinWestfalen: Ihr Weg zum Wohneigentum. 232 S., 12,90 €.