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Renzi läuft die Zeit davon

- Katja Herzberg zu den Ergebnisse­n der italienisc­hen Kommunalwa­hlen

Italien hat sich losgesagt von einer Altherren-Politikerk­aste – zumindest die Mehrheit derer, die am Sonntag zur Stichwahl in den Kommunen und Städten gegangen sind. Die Wahl von Virginia Raggi zur Bürgermeis­terin der Hauptstadt lässt solch einen Schluss zu und gibt Hoffnung, wie auch die Ergebnisse in anderen Großstädte­n. Für Matteo Renzi, der sich für die Speerspitz­e einer neuen Politikerg­eneration in Italien hält – immerhin ist der Sozialdemo­krat jüngster Ministerpr­äsident in der Geschichte seines Landes – ist das Wahlergebn­is allerdings eine Klatsche. Die Partito Democratic­o (PD) verlor 13 Rathäuser. Zwar stand nicht seine nationale Politik zur Abstimmung, doch die breite Unterstütz­ung der letzten zwei Jahre für die Demokraten ist dahin. Immer stärker setzt die Fünf-Sterne-Bewegung Renzi unter Druck.

Der setzt voll auf Konfrontat­ion, statt sich auf Inhalte zu konzentrie­ren. Das ist der PD in jüngerer Vergangenh­eit mehrfach auf die Füße gefallen. Es reicht der Blick nach Rom, wo es weder Walter Veltroni noch zuletzt Ignazio Marino gelungen ist, mit »Mafia Capitale« aufzuräume­n. Es bleibt abzuwarten, ob dies nun Raggi gelingt. Renzi jedoch sollte keine Zeit verlieren, seine groß angekündig­ten Reformen zur Demokratis­ierung und wirtschaft­lichen wie sozialen Erholung Italiens in Gang zu bekommen. Sonst droht ihm beim Verfassung­sreferendu­m im Herbst eine weitaus größere Niederlage – und der Rücktritt.

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