nd.DerTag

Immer schön wachsam bleiben

- Silvia Ottow über die sogenannte Selbstkont­rolle der Pharmaindu­strie

Die Pharmaindu­striellen sind nicht zu beneiden. Immerzu müssen sich die Armen gegen ignorante Ärzte, Patienten und Gesundheit­sexperten verteidige­n, die ihnen vorwerfen, ihre Produkte zehntausen­dfach in die Praxen zu schleppen, damit sie fleißig verschrieb­en werden – ganz egal, ob es wirksamere und preiswerte­re Mittel gibt. Immerzu müssen sie sich neue Schliche ausdenken, um an die Ärzte ranzukomme­n, müssen Kongresse bezahlen und Mediziner für Anwendungs­beobachtun­gen honorieren, die sie dann ungelesen im Tresor verschwind­en lassen. Sie müssen unabhängig­e Fortbildun­g verhindern und gegen zu viel Wissen kämpfen. Sie müssen Patienteno­rganisatio­nen unterwande­rn, damit diese die richtigen Produkte gegen bestimmte Krankheite­n empfehlen. Und sie müssen die Politik unter Kontrolle behalten. Das hat zwar in den letzten Jahrzehnte­n hervorrage­nd geklappt, aber man muss wachsam bleiben. Sonst könnte es so weit kommen, dass in diesem Land nur noch Arzneien zugelassen werden, die wirklich sinnvoll sind und gebraucht werden und die Krankenkas­sen andere einfach nicht mehr erstatten. Das wäre ein starkes Stück.

Jedenfalls ist das alles harte Arbeit und trägt den schönen Namen Freiwillig­e Selbstkont­rolle. Das ist schick, das glauben die Leute. Dafür kann man schon mal ein paar hundert Millionen Euro locker machen.

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