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Reiche Firmen privilegie­rt

Erbschafts­teuer bleibt wenig ertragreic­h

- Von Aert van Riel

Vermögende Unternehme­nserben müssen auch künftig nicht allzu viel zum Steueraufk­ommen beitragen. Der Kompromiss der Bundesregi­erung zur Erbschafts­teuerrefor­m sieht für sie Begünstigu­ngen vor. Letztlich hat der Zeitdruck die Koalitionä­re dazu gezwungen, ihren Streit zur Reform der Erbschafts­teuer beizulegen. Ende 2014 hatte das Bundesverf­assungsger­icht eine Neuregelun­g bis zum 30. Juni dieses Jahres angemahnt. Streitpunk­t waren die Begünstigu­ngen für Firmenerbe­n. Diese hatten die Karlsruher Richter zwar generell für zulässig erklärt, aber schärfere Vorgaben verlangt. Unabhängig vom Unternehme­nswert werden die Firmenerbe­n bisher bei der Erbschafts­teuer zu 85 oder 100 Prozent verschont, wenn sie das Unternehme­n fünf beziehungs­weise sieben Jahre fortführen.

Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble und die beiden Parteichef­s Sigmar Gabriel (SPD) und Horst Seehofer (CSU) haben sich nun darauf geeinigt, dass bei größeren Unternehme­n Firmenerbe­n nur dann verschont werden, wenn sie nachweisen, dass sie die Steuer »nicht verkraften«. Ab einem Betriebsve­rmögen von 26 Millionen Euro je Erbfall soll es eine »Bedürfnisp­rüfung« geben. Unterhalb der Grenze werden weiter Steuervort­eile gewährt, oberhalb davon müssen Erben nachweisen, dass sie die Zahlung der Erbschafts­teuer finanziell »überforder­n würde«. Liegt das Erbe bei 90 Millionen Euro oder darüber, sollen grundsätzl­ich keine Steuernach­lässe gewährt werden.

Wenn die Bedürfnisp­rüfung greift, muss der Erbe sein Privatverm­ögen offenlegen. Das kann zur Hälfte zur Besteuerun­g herangezog­en werden. Allerdings kann die Steuer, wenn sie aus dem Privatverm­ögen gezahlt wird, zehn Jahre lang zinslos gestundet werden. Das gilt nur im Erbfall und nicht bei einer Schenkung.

Ein weiterer zentraler Punkt sind die veränderte­n Bedingunge­n für Kleinbetri­ebe. Bislang sind Betriebe mit bis zu 20 Arbeitnehm­ern vom Nachweis des Arbeitspla­tzerhalts befreit. Künftig sollen nur noch Betriebe mit bis zu fünf Mitarbeite­rn hiervon ausgenomme­n werden.

Die CSU hatte darauf gedrängt, eine unternehme­rfreundlic­he Lösung zu finden. Die Bayern wollen den Kompromiss weiter abschwäche­n.

Die CSU hatte darauf gedrängt, eine unternehme­rfreundlic­he Lösung zu finden. Sie will den Kompromiss weiter abschwäche­n.

CSU-Chef Horst Seehofer kündigte an, dass die Erbschafts­teuer »auf der politische­n Agenda« bleibe. »Uns gefallen viele Elemente eigentlich nicht hinreichen­d, die da in Berlin zusammen entschiede­n wurden«, erklärte der bayerische Ministerpr­äsident. Deswegen wolle er sich für eine »Regionalis­ierung der Erbschafst­euer« einsetzen. Dann würde die Ausgestalt­ung der Steuer den Bundesländ­ern überlassen werden. Das dürfte aber nur schwer durchsetzb­ar sein.

Zufriedene­r zeigte sich Sigmar Gabriel. Der SPD-Vorsitzend­e betonte, dass die Einigung sicherstel­le, dass Familienun­ternehmen nicht zu stark belastet werden. »Anderersei­ts sorgt die Bedürfnisp­rüfung dafür, dass reiche Erben, die die Steuer aus ihrem Privatverm­ögen bezahlen könnten, nicht verschont werden«, sagte Gabriel. Er sprach deswegen von einer »indirekten privaten Vermögenst­eu- er«. Sonderlich ertragreic­h ist diese aber nicht. Mit den in diesem Jahr erwarteten 5,9 Milliarden Euro steuert die Erbschaft- und Schenkungs­teuer nicht einmal ein Hundertste­l zum gesamten Steueraufk­ommen des Staates bei. Die SPD brüstet sich trotzdem damit, in der letzten Verhandlun­gsrunde die künftigen Einnahmen im Vergleich zum ersten Entwurf um 35 Millionen Euro gesteigert zu haben.

Die Bundesregi­erung will, dass das Gesetz bis zur parlamenta­rischen Sommerpaus­e endgültig beschlosse­n wird. Im Bundesrat ist Schwarz-Rot auf Stimmen aus Ländern angewiesen, in denen die Grünen mitregiere­n. Diese hatten ein eigenes Modell vorgelegt, wonach alle Umgehungst­atbestände gestrichen und im Gegenzug der nominale Steuersatz auf einheitlic­h 15 Prozent gesenkt werden sollte.

Kritik übten unter anderem aus verfassung­srechtlich­en Gründen neben den Grünen auch die Linksparte­i sowie Wirtschaft­sforscher. Das gewerkscha­ftsnahe Institut für Makroökono­mie und Konjunktur­forschung (IMK) sah im Vergleich zu früheren Vorschläge­n »Aufweichun­gen bei Privilegie­rungen von Betriebsve­rmögen«. »Dadurch sind Mindereinn­ahmen gut möglich«, monierte IMKSteuere­xpertin Katja Rietzler.

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Foto: fotolia/Jazzzone66

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