Union geht auf Steinmeier los
Nach Kritik an NATO-»Säbelrasseln« argwöhnt Röttgen parteipolitische Profilierung
Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat sich kritisch über die NATO geäußert, dafür erntet der Sozialdemokrat nun scharfe Kritik aus der Union. Schon ist von einem Koalitionskrach die Rede. Mit den Worten »Säbelrasseln« und »Kriegsgeheul« war Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in der »Bild« zitiert worden, seine Worte galten dem NATO-Manöver »Anakonda« in Polen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen, wies die Kritik Steinmeiers scharf zurück. »Ich glaube, es geht um innerparteiliche Profilierung«, sagte der CDU-Politiker im »Deutschlandfunk«. Das aber sollte ein Außenminister lassen. Steinmeiers Interview-Äußerungen seien widersprüchlich und missverständlich.
Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Volker Bouffier forderte Steinmeier auf, seine Kritik an den NATOManövern zur Abschreckung Russlands klarzustellen. »Ich glaube, das ist das falsche Signal an Putin«, sagte der hessische Ministerpräsident am Montag vor einer Sitzung des CDUPräsidiums in Berlin. CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn nannte Steinmeier einen »Putin-Versteher«. Der Außenminister bereite mit seiner Kritik den Weg zu einem Bündnis mit der LINKEN. Der Unions-Außenexperte Jürgen Hardt (CDU) forderte »Entschlossenheit« gegenüber Moskau. »An der Verteidigungsfähigkeit und Verteidigungsbereit- schaft des NATO-Bündnisses darf es keinen Zweifel geben.« Deutschland und der Außenminister sollten keinen Zweifel daran aufkommen lassen, »wer Urheber der gegenwärtigen Spannungen ist.«
Steinmeier fügte seinen medialen Äußerungen mittlerweile eine Stellungnahme auf der Seite des Außenministeriums hinzu, deren erster Teil die Zustimmung Röttgens erfuhr. Mit der Krim-Annexion und den militärischen Aktivitäten in der Ost-Ukraine habe Russland »bei un- seren östlichen Nachbarn ein Gefühl der Bedrohung entstehen lassen. Das müssen wir ernst nehmen«, so der Außenminister in dieser Erklärung. »Deswegen war es richtig, eine gemeinsame Reaktion der NATO zu finden – das haben wir seit dem NATO-Gipfel in Wales mit den Rückversi ch erungs maßnahmen getan .« Niemand könne den vorgesehenen Umfang der NATO-Maß nah- men als Bedrohung für Russland werten, »und bei allen Maßnahmen für uns war die strikte Einhaltung der NATO-Russland-Grundakte eine klare rote Linie.« Und dann folgen die bereits zuvor kritisierten Bemerkungen: »Was wir jetzt allerdings nicht tun sollten, ist durch lautes Säbelrasseln und Kriegsgeheul die Lage weiter anzuheizen. Wer glaubt, mit symbolischen Panzerparaden an der Ostgrenze des Bündnisses mehr Sicherheit zu schaffen, der irrt. Wir sind gut beraten, keine Vorwände für eine neue, alte Konfrontation frei Haus zu liefern. Es wäre fatal, jetzt den Blick auf das Militärische zu verengen und allein in einer Abschreckungspolitik das Heil zu suchen.«
Rückendeckung bekam Steinmeier vom Grünen-Politiker Jürgen Trittin. »Die baltischen Staaten sind nicht tatsächlich durch Russland bedroht, sie fühlen sich bedroht«, sagte Trittin. Der Kurs der NATO sei deshalb fragwürdig. Hingegen bezeichnete die Vorsitzende der GrünenFraktion im Europaparlament, Rebecca Harms, Steinmeiers Äußerungen als »unverantwortliches Signal« angesichts der Weigerung Moskaus, Waffen aus der Ostukraine zurückzuziehen. SPD-Chef Sigmar Gabriel sprang Steinmeier bei. Dieser habe völlig Recht, wenn er darauf hinweise, die NATO nicht in Zeiten des Kalten Krieges zurückzuführen. »Wir müssen mit Russland im Gespräch bleiben.« Das sei die Lehre der Entspannungspolitik.
»Die provokativen NATO-Kriegsspiele nahe der russischen Grenze sind eine unverantwortliche Gefährdung des Friedens in Europa.« LINKE-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht