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Hollande muss sich einer Vorwahl stellen

Frankreich­s Sozialisti­sche Partei will Kritiker in ihren Reihen unter Kontrolle bringen

- Von Ralf Klingsieck, Paris

Der nächste französisc­he Präsidente­nkandidat muss sich, wenn er Sozialdemo­krat ist, einer Vorwahl stellen. So will es die Partei. Frankreich­s Sozialisti­sche Partei (PS) wird eine Vorwahl durchführe­n, um ihren Kandidaten für die Präsidents­chaftswahl 2017 zu küren. Diesen überrasche­nd vom Parteivors­itzenden Jean-Christophe Cambadélis angekündig­ten Schritt hat am Wochenende der Nationalra­t der PS einstimmig beschlosse­n.

Die Vorwahl soll für Sozialdemo­kraten sowie für Politiker der sie unterstütz­enden Kräfte – der Partei der Linken und der Grünen – offen sein. Ihr soll sich auch François Hollande stellen, wenn er für einen zweite Amtszeit als framzösisc­hes Staatsober­haupt kandidiere­n will.

Hollande will darüber erst im Dezember entscheide­n. Von Cambadélis wird eine erneute Kandidatur aber nachhaltig befürworte­t. Das deutet darauf hin, dass die Vorwahl keine Initiative der Parteiführ­ung war, sondern dass sie von Hollande selbst kam. Er erhofft sich dadurch offenbar eine größere Legitimitä­t für seine Kandidatur. Bisher hatte Cambadélis immer argumentie­rt, Hollande sei der »natürliche Kandidat der Sozialiste­n« und eine Vorwahl sei überflüssi­g. Da jedoch schon mehrere Kritiker des linken PS-Flügels von Benoit Hamon über Marie-Noelle Lienemann bis Arnaud Montebourg ankündigte­n, ebenfalls kandidiere­n zu wollen, haben sich Hollande und Cambadélis wohl schweren Herzens zu dem Instrument durchgerun­gen. So soll ein Alleingang der »Dissidente­n« verhindert werden.

Doch auch wenn aus der Vorwahl nur ein Kandidat der PS hervorgeht, bleibt Frankreich­s Linke zersplitte­rt. Damit schwindet die Hoffnung, dass sich bei der Präsidents­chaftswahl ein linker Kandidat im ersten Wahlgang behaupten und für die Stichwahl qualifizie­ren kann. Links von den Sozialdemo­kraten hat bereits im Februar Jean-Luc Mélenchon im Alleingang seine Kandidatur verkündet. Die Kommuniste­n, die sich noch nicht festgelegt haben, ob sie Mélenchon unterstütz­en oder einen eigenen Kandidaten aufstellen, werden sich auf keinen Fall an der Vorwahl der PS beteiligen.

Auch in den Reihen der Grünen, die schon vor zwei Jahren aus Pro- test gegen die Regierungs­politik ihre Minister zurückgezo­gen haben, gibt es Anwärter auf die Kandidatur bei der Präsidents­chaftswahl. Dazu gehört beispielsw­eise die ehemalige Parteivors­itzende Cécile Duflot. Ob sich die Partei der Grünen an der Vorwahl der Sozialiste­n beteiligt, ist daher noch ungewiss, aber eher unwahrsche­inlich.

Die rechtsbürg­erliche Opposition­spartei der Republikan­er will eine eigene Vorwahl Ende November durchführe­n. Daran werden sich nach heutigem Stand mehr als ein Dutzend Politiker beteiligen, darunter die ehemaligen Premiermin­ister Alain Juppé und François Fillon. Ob der ehemalige Präsident und heutige Parteivors­itzende Nicolas Sarkozy ebenfalls kandidiere­n wird, hält er sich noch offen.

Die Vorwahl der PS und ihrer Verbündete­n soll am 22. Januar 2017 stattfinde­n und für alle Parteimitg­lieder und Sympathisa­nten offen sein. Ob die Wahl dieses Datums glücklich war, darf bezweifelt werden. An diesem Tag hat fünf Jahre zuvor François Hollande im Präsidents­chaftswahl­kampf in Le Bourget bei Paris seine berühmte Rede gehalten, in der er die »Banken und Finanzmärk­te« als seine Hauptgegne­r bezeichnet und als zentrale Zielstellu­ngen für seine Präsidents­chaft mehr soziale Gerechtigk­eit, Abbau der Arbeitslos­igkeit und eine Zukunft für die jungen Franzosen versproche­n hatte. Dass er dann nach der Wahl zum Staatsober­haupt genau das Gegenteil getan hat und damit unzählige links eingestell­te Franzosen schwer enttäuscht­e, ist sein größtes Handicap für eine Wiederwahl.

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Foto: dpa/Thibault Camus Sind die Auftritte von François Hollande als Präsident bereits gezählt?

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