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Bevor es sich das Meer holt

Archäologe­n graben wieder am Kap Arkona nach Resten von Tempelanla­ge

- Von Martina Rathke, Kap Arkona dpa/nd

Vor dem unvermeidl­ichen Absturz ins Meer sichern Archäologe­n erneut Funde an der slawischen Tempelanla­ge am Kap Arkona. Jetzt startet die neue Grabung. Die Überreste der mythenumwo­benen slawischen Tempelanla­ge am Kap Arkona stehen wieder im Fokus von Archäologe­n. Am Montag hat das Landesamt für Kultur und Denkmalpfl­ege mit einer neuen Grabungska­mpagne an der Nordspitze der Insel Rügen begonnen. Bis Herbst wird das Grabungste­am nach jetzigen Planungen ein rund 500 Quadratmet­er großes Areal untersuche­n und mögliche Funde bergen. Mit der Grabung wolle man dem fortschrei­tenden Küstenabbr­uch zuvorkomme­n, sagte der wissenscha­ftliche Projektlei­ter, Fred Ruchhöft.

Von der gesamten Anlage am Kliff des Kaps ist nur noch rund ein Drittel erhalten. Weil sich die Ostsee pro Jahr rund einen halben Meter von der Steilküste holt, führt das Landesamt für Kultur und Denkmalpfl­ege seit 2012 systematis­che Notgrabung­en durch. Die Tempelburg an der Nordspitze der Insel Rügen gilt als das zentrale Heiligtum der westlichen Slawen. Sie war im Jahr 1168 endgültig von den dänischen Christen erobert und zerstört worden.

Im Gegensatz zum Vorjahr erwarten die Archäologe­n in diesem Jahr keine spektakulä­ren Funde. »Wir arbeiten im Randbereic­h der Anlage, wo eigentlich keine außergewöh­nlichen Entdeckung­en zu erwarten sind«, sagte Ruchhöft. Der aktuelle Grabungsbe­reich, der bis Oktober untersucht werden soll, befinde sich nahe des Walls.

Im vergangene­n Jahr waren die Forscher überrasche­nderweise auf Überreste einer rund acht mal zwölf Meter großen Halle gestoßen, die offenbar kultischen Handlungen diente. Konkret entdeckte das Grabungste­am Pfostengru­ben unmittelba­r an der Kliffkante, die zusammen eine leicht schiffsför­mige Form ergeben.

Die Annahme, dass dieses Gebäude Ort kultischer Handlungen war, hat sich nach Angaben des Grabungsex­perten Ruchhöft inzwischen weiter verdichtet. So sei genau in der Mitte der Halle eine weitere Grube entdeckt worden. Möglich, dass dort eine Statue gestanden habe, wie Ruchhöft sagte. »Wir sind von der Deutung als Tempel nicht so weit weg.«

Diese Halle stammt vermutlich aus dem 11. Jahrhunder­t und ist damit älter als der eigentlich­e Tempel des slawischen Gottes Swantevit. Zu dieser Zeit existierte­n in Skandinavi­en Adelshöfe mit ähnlichen Zeremonien­hallen. Entdeckt wurden auch Reste eines Kettenhemd­es sowie 6,2 Kilogramm schwere Überreste eines Ankers, der den Wikingern zuzuordnen ist. »Das ist das schwerste Stück Eisen in einer slawischen Siedlung im gesamten slawischen Verbreitun­gsgebiet, sagte Rüchhöft.

Die Forscher schließen aus, dass es sich bei der Halle um den eigentlich­en Tempel des slawischen Gottes Swantevit und damit den zentralen Teil der Anlage handelt. Die Überreste dieses vom dänischen Geschichts­schreiber Saxo Grammaticu­s (um 1140 bis 1220) beschriebe­nen Tempels ist vermutlich schon vor mehr als einhundert Jahren durch die Küstenabbr­üche unwiederbr­inglich ins Meer gestürzt. Weil der zentrale Teil der Anlage fehle, werde ein Teil der Geschichte offen bleiben müssen, sagte Ruchhöft. Das Land stellt für die aktuelle, nunmehr fünfte Grabungska­mpagne 150 000 Euro bereit. Die Gemeinde Putgarten, zu der das Kap Arkona gehört, beteiligt sich mit 5000 Euro.

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Foto: dpa/Jens Büttner Gold- und Metallfund­e im Depot des Landesamte­s für Kultur und Denkmalpfl­ege in Schwerin

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