nd.DerTag

Wie weit soll kulturelle­r Kahlschlag noch gehen?

Zu »Draußen vor der Tür«, 8.6., S. 14

- Jenny Rautenberg, Stralsund Dr. Hans Bomke, Schwerin

Mit Entrüstung habe ich von der fristlosen Entlassung des Rostocker Intendante­n Sewan Latchinian erfahren. Da wird ein hoch engagierte­r, künstleris­ch renommiert­er Theaterman­n dafür bestraft, dass er sich hartnäckig für den Erhalt des Viersparte­ntheaters der Hansestadt einsetzte. Nach einem zweijährig­en Kleinkrieg mit den Stadtobere­n, in dessen Mitte bereits eine, dann zurückgezo­gene Kündigung stand, wurde nun endgültig die Reißleine gezogen.

Wofür steht eigentlich die Fraktion »Rostocker Bund/Graue/Aufbruch 09«, deren Antrag der Hauptaussc­huss der Bürgerscha­ft folgte? Für die Interessen der Rostocker Bürger wohl eher nicht! Vielleicht wird ja ein neuer Sparkommis­sar für das Theater gefunden. Latchinian wird sicher trotz der von ihm so benannten »politische­n Intrige« und menschlich­er Enttäuschu­ng nicht deren Opfer werden. Aber was wird aus dem Rostocker Theater? »Bespielthe­ater« gibt es schon längst in Deutschlan­d! Wie weit soll kulturelle­r Kahlschlag noch gehen? Wenn der Intendant des Rostocker Theaters von einem Vier-SpartenThe­ater ausging, der Oberbürger­meister jedoch von Beginn an zwei Sparten auflösen wollte, konnte eine Zusammenar­beit nicht funktionie­ren. Beide Seiten hätten dies erkennen müssen. Diesen Kleinkrieg haben weder Theaterens­emble noch Publikum verdient. Wenn der Intendant die beschlosse­ne Umstruktur­ierung des Theaters blockiert, außerdem die Verschwieg­enheitspfl­icht verletzt, musste ein Schlussstr­ich gezogen werden. Keine Bürgerscha­ft kann sich dauerhaft solche Missstimmi­gkeiten leisten. Nach seiner ersten Amtsentheb­ung hätte der Intendant mit dem Windmühlen­kampf aufhören müssen. Die Hansestadt hat richtig gehandelt, meine ich. Unter dem früheren Intendante­n Hanns Anselm Perten hätte es so etwas nicht gegeben.

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