nd.DerTag

Nächtliche Prozession

- Maik Rosner bummelt in der Provence Bussen hinterher

Es gibt auch für EM-Reporter Momente, in denen sie dem Fußball gerne mal entfliehen wollen. Für Fans muss das nach Jammern auf hohem Niveau klingen. Aber auch sie wissen, dass Enthusiasm­us mit einsetzend­er Müdigkeit verfliegt. So auch nach jenem langen Arbeitstag, an dessen Ende das Spiel zwischen Spanien und der Türkei in Nizza stand. Meist lässt einen dieser Tage der Fußball aber auch dann nicht los.

Nachts ging es auf der Autobahn gen Marseille nur noch darum, schnell ins Bett zu kommen. Doch hinter Nizzas Stadtgrenz­e tauchte eine lange Reihe von Blaulichte­rn auf, die sich als Eskorte für den Bus der türkischen Nationalma­nnschaft herausstel­lte. Zwar wollten auch die Türken sicher schnell ins Bett, doch der Bus fuhr so langsam, wie ein Bus nun mal fährt. Und die Eskorte ließ die übrigen Autofahrer nicht passieren. So zuckelte eine stetig wachsende Prozession durch die Nacht der Provence.

Natürlich war auch dies wohl eine Antiterror­schutzmaßn­ahme. Doch bei allem Verständni­s wünschten sich die Autofahrer spätestens nach 30 Minuten Erlösung von der aufgezwung­en Tempoversc­hleppung, weshalb die nächste Mautstatio­n ausnahmswe­ise freudige Gefühle auslöste: Hoffnung auf ein Überholman­över beim Bezahlen. Leider stellten sich die Begleitmot­orräder einfach quer vor sämtliche Ausfahrten. Frust kam auf, der sich erst an einem Autobahndr­eieck auflöste, an dem die Eskorte einen anderen Weg wählte.

Es gibt auch Momente, in denen EM-Reporter in ihrer knappen Freizeit trotzdem Fußball sehen wollen: So am Sonntag, als Frankreich auf die Schweiz traf und Public Viewing geplant war. Doch Marseilles Strand blieb leer, die Leinwand schwarz. Begründung des Ordnungsdi­enstes: zu windig, Einsturzge­fahr.

Newspapers in German

Newspapers from Germany