Vorauseilender Gehorsam
Verbindliche Klimaschutzmaßnahmen waren bisher eine höchst einseitige Angelegenheit: Eigentlich betrafen sie nur den Energiesektor und energieintensive Industrien, wobei letztere auch noch mit vielen Ausnahmeregelungen beglückt wurden. Kein Wunder also, dass trotz allen Politikergeredes die CO2Emissionen nur unmerklich reduziert wurden und die Erderwärmung nahezu ungebremst voranschreitet. Da ist es durchaus löblich, wenn die EU-Kommission jetzt den Blick auch auf die anderen großen Klimawandelverursacher richtet: die Landwirtschaft, den Gebäudebereich und den Verkehrssektor.
Allerdings ist man in Brüssel erheblich fortschrittlicher als in vielen, vor allem osteuropäischen EU-Staaten. Dort sehen Regierungen den Klimaschutz noch immer als Hemmschuh fürs Wirtschaftswachstum und für heimische Industrien an. Deshalb ist mit sehr viel Gegenwind zu rechnen, zumal das britische Brexit-Votum mancherorts als Freibrief für national-egoistische Alleingänge verstanden wird. Darauf nimmt die EU-Kommission in vorauseilendem Gehorsam schon mal Rücksicht. Zahlreiche Schlupflöcher wie Gutschriften fürs Aufforsten sollen ihr Klimaschutzpaket den Regierungen schmackhaft machen. Das mag unter Kenntnis der realpolitischen und institutionellen Gegebenheiten in der EU unumgänglich erscheinen. Bei der Bekämpfung des Klimawandels darf auf solche Banalitäten keine Rücksicht genommen werden.