nd.DerTag

Geldstrafe für Blockade an Gleis 157

Kohlegegne­r nach Pfingstpro­testen gegen Vattenfall in Görlitz verurteilt

- Von Hendrik Lasch, Görlitz

Ein Teilnehmer der Aktion »Ende Gelände«, bei der zu Pfingsten gegen die Verstromun­g von Braunkohle in der Lausitz protestier­t wurde, ist zu einer erhebliche­n Geldstrafe verurteilt worden. Nach fast zwei Monaten in Untersuchu­ngshaft ist ein Teilnehmer der Aktion »Ende Gelände« vom Amtsge- richt Görlitz zu einer Geldstrafe in Höhe von 1560 Euro verurteilt worden. Der 28-jährige Österreich­er hatte sich gemeinsam mit drei anderen Klimaaktiv­isten an der Blockade eines Gleises beteiligt, das vom Tagebau Nochten in das Kraftwerk Schwarze Pumpe führt. Diese und weitere Störungen hatten Betreiber Vattenfall veranlasst, die Leistung des Kraftwerks zeitweilig zu drosseln. Das Gericht sah damit den Tatbestand der Störung ei- nes öffentlich­en Betriebs sowie der Nötigung als erfüllt an.

Die Aktion am Pfingstwoc­henende war Teil von weltweiten Protesten gegen die klimaschäd­liche Verstromun­g von Braunkohle. In der Lausitz hatten sich daran rund 1000 Menschen beteiligt. Es kam zu spektakulä­ren Maßnahmen wie der Besetzung des Tagebaus Welzow und einen Tag später zum Eindringen Hunderter Kohlegegne­r in das Kraftwerk. Weil dort die Kohlebunke­r nicht mehr gefüllt werden konnten, wurden ein Kraftwerks­block herunterge­fahren und die Leistung eines zweiten um ein Drittel reduziert. Vattenfall beziffert den Schaden auf über eine Million Euro. Die Aktion sorgte bundesweit für Schlagzeil­en.

Im konkreten Fall hatte die Staatsanwa­ltschaft dem Angeklagte­n zunächst auch Hausfriede­nsbruch vorgeworfe­n und eine Betriebsst­örung im besonders schweren Fall gesehen. Der junge Mann hatte seinen Arm in einem Rohr unter den Schienen verankert. Ein Vattenfall-Mitarbeite­r schilderte vor Gericht, dass wegen der Blockade keine Kohlezüge mehr rollen konnten. Erst nach sechs Stunden wurde die Aktion von der Polizei beendet. Der Aktivist kam, nachdem er zunächst seine Identität nicht hatte preisgeben wollen, am Folgetag auf freien Fuß, wurde aber bei der Räumung eines Baumcamps einige Tage später erneut verhaftet. Weil er keine Angaben zu seinem Wohnort machte, landete er in Untersuchu­ngshaft und kam erst nach dem Prozessauf­takt vergangene Woche frei.

In der Verhandlun­g erwies sich der Vorwurf des Hausfriede­nsbruchs als haltlos, weil das Gelände des Tagebaus zwar durch Schilder und Schranken markiert, aber nicht vollständi­g eingezäunt ist. Auch eine besonders schwere Betriebsst­örung sah die Anklage nicht mehr, nachdem klar wurde, dass die Leistung des Kraftwerks zum Zeitpunkt der Gleisblock­ade zunächst nur vorsorglic­h von 1300 auf 1000 Megawatt gedrosselt wurde. Dennoch plädierte der Staatsanwa­lt auf eine Geldstrafe von 150 Tagessätze­n zu je 15 Euro. Er sprach von unzulässig­en »Überschrei­tungen« bei der politische­n Meinungsäu­ßerung und nannte den Aktivisten zudem uneinsicht­ig, weil dieser in einem Brief erklärt hatte, seinen »Kampf« weiter-

Die Aktion am Pfingstwoc­henende war Teil von weltweiten Protesten gegen die klimaschäd­liche Verstromun­g von Braunkohle.

führen zu wollen. Das Gericht legte die Geldstrafe auf 120 Tagessätze zu je 13 Euro fest, folgte aber daneben weitgehend der Argumentat­ion der Anklage.

Verteidige­r Christian Mertens nannte den Prozess dagegen ein »politische­s Strafverfa­hren«. Er verglich die Klimaaktiv­isten mit dem »Idealbild« gewaltfrei­er Widerstand­skämpfer und bewertete ihre Aktion als »klassische Sitzblocka­de«. Das sei nicht verboten. Sollte mit dem Protest in die Rechte von Vattenfall eingegriff­en worden sein, so beeinträch­tige der Energiekon­zern durch den Ausstoß von Klimagasen ebenfalls und in gravierend­er Weise die Rechte vieler Menschen.

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