Lagebesprechung über Syrien – in London
US-Außenminister briefte europäische Amtskollegen / Gezerre um Assads Rolle beim weiteren Vorgehen
Bei einer Lagebesprechung in London hat der US-Außenminister seine Kollegen aus Großbritannien, Frankreich, Italien und Deutschland über die neue Marschrichtung in Syrien informiert. US-Außenminister John Kerry hatte sich Ende vergangener Woche zwei Tage zu Gesprächen in Moskau aufgehalten. Bei Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und Außenminister Sergej Lawrow soll darüber beraten worden sein, wie die USA und Russland ihre militärischen Angriffe in Syrien auf den Islamischen Staat und auf die NusraFront, den Al-Qaida Ableger in Syrien, koordinieren und verstärken könnten. Die »Washington Post« hatte zuvor über einen »US-Plan« berichtet, wonach Russland und USA ein gemeinsames Operationszentrum nördlich von Amman (Jordanien) einrichten könnten. Dort sollten Luftangriffe koordiniert und geheimdienstliche Informationen ausgetauscht werden. Russland solle zudem gedrängt werden, den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zu bewegen, die syrischen Kampfjets nicht mehr starten zu lassen.
Die USA und Russland hätten einen Plan für »konkrete Schritte« besprochen, um eine gemeinsame Richtung in Syrien einzuschlagen, berichtete die Agentur Reuters, ohne Einzelheiten zu nennen. US-Außenamtssprecher John Kirby hatte am Dienstag Kerry mit den Worten zi- tiert, Russland müsse Druck auf das Assad-Regime ausüben, damit dieses nicht weiter »Oppositionsgruppen und unschuldige Zivilisten« angreife. Die Belagerung der nordsyrischen Stadt Aleppo und anderer Orte müsse aufhören und es müsse sichergestellt werden, dass »vollständiger humanitärer Zugang« zu belagerten Orten hergestellt werde.
Ähnlich äußerte sich Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, der forderte, dass »aus dem militärischen Konflikt ein politischer Prozess werden« müsse. »Regime und Oppositionsparteien in Syrien müssen wieder ernsthaft miteinander verhandeln«, hieß es in einer Erklärung des Auswärtigen Amtes in Berlin. »Es wird am Ende keine Lösung geben, wenn wir nicht einen Prozess in Gang setzen, der Teile der syrischen Opposition nach Syrien zurück bringt und dort an der Regierungsverantwortung teilhaben lässt«, sagte Steinmeier, der an diesem Freitag den UN-Diplomaten De Mistura in Berlin empfangen wird, um zu beraten, wie die Genfer Gespräche wieder in Gang gebracht werden können. Deutschland ist mit mehr als zwei Milliarden Euro der größte Geber für humanitäre Hilfe in Syrien.
Die Außenminister Frankreichs und Großbritanniens, Jean-Marc Ayrault und Boris Johnson, beharrten derweil auf der Forderung, dass Assad abtreten müsse, bevor eine Lösung gefunden werden könne. Erst dann werde »das Leid der Syrer ein Ende haben«, so Johnson, der seine Haltung rechtzeitig zu dem Treffen mit Kerry und den anderen EU-Außenministern gewendet hatte.
Im Dezember 2015 hatte Johnson – damals noch Bürgermeister von London – erklärt, dass man im Kampf gegen den IS nicht wählerisch bei der Wahl der Bündnispartner sein dürfe. »Wir brauchen jemanden, der Kämpfer vor Ort liefern kann und (…) es gibt Assad und seine Armee (….), die dank der russischen Luftangriffe große Teile von Homs wieder eingenommen haben.«
Der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault verurteilte das Vorgehen der syrischen Armee, die die letzte Verbindungsstraße der bewaffneten Gruppen in Aleppo unterbrochen und einen Belagerungsring um das von den Kämpfern gehaltene Viertel geschlossen hatte.