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Ecuador schickt Kubaner zurück

Gestrandet­e Migrations­willige mit Ziel USA müssen Heimkehr auf die Insel antreten

- Von Andreas Knobloch, Havanna

Die Sogwirkung der USA hält an: In fünf Jahren hat sich die Zahl der kubanische­n Migranten gen USA mehr als verfünffac­ht. Aus Ecuador wurden nun 122 ausreisewi­llige Kubaner auf die Insel zurückgesc­hickt. Es ist eine der sichtbarst­en Folgen der veränderte­n Kubapoliti­k der USA. Seit der im Dezember 2014 begonnenen Annäherung zwischen beiden Ländern ist die Zahl ausreisend­er Kubaner sprunghaft angestiege­n – nicht nur über den Landweg, auch über die Straße von Florida. Allein seit dem vergangene­n Wochenende sind mindestens 60 Kubaner, die über das Meer geflüchtet waren, an der Küste Floridas gelandet. Viele befürchten eine baldige Aufhebung des »Cuban Adjustment Acts« und damit ein Ende der US-amerikanis­chen Vorzugsbeh­andlung für kubanische Migranten. Im bis Ende September reichenden sogenannte­n Fiskaljahr waren es 2011 weniger als 8000 Kubaner, die in die USA migrierten, 2016 sind es schon jetzt mehr als 44 000.

Ihren Traum von den USA mussten 122 Kubaner zumindest vorerst begraben. Sie wurden in den vergangene­n Tagen von Ecuador zurück auf die Karibikins­el deportiert. Die Abgeschobe­nen gehören zu einer Gruppe von rund 600 Kubanern, die seit Monaten in einem provisoris­chen Lager in einem Park in der ecuadorian­ischen Hauptstadt Quito campierten. Fast täglich kam es zu Protestakt­ionen, bevor die Behörden des südamerika­nischen Landes schließlic­h die Überprüfun­g des Aufenthalt­sstatus der Kubaner ankündigte­n. Noch am selben Tag wurden rund 150 Protestier­ende von der Polizei festgenomm­en und stundenlan­g in Gewahrsam gehalten – ohne Lebensmitt­el und Wasser und ohne Zugang zu Familienan­gehörigen oder Anwälten, wie Menschenre­chtsaktivi­sten bemängelte­n. Kinder und jene, die Aufenthalt­sgenehmigu­ngen vorweisen konnten, wurden freigelass­en; alle anderen Abschieber­ichtern vorgeführt. Diese segneten in Schnellver­fahren die Deportatio­nen ab.

Die Anwälte der Kubaner bemängelte­n, dass sie praktisch keine Zeit hatten, mit den Festgenomm­enen zu sprechen. Laufende Asylverfah­ren seien ignoriert worden. Juan Pablo Albán, einer der Vertreter der Kubaner, sagte, es handele sich nicht um Abschiebun­gen, sondern um »kollektive Ausweisung­en«. »Sie wurden mit Gewalt durchgeset­zt, ohne rechtmäßig­es Verfahren, allein aufgrund der bloßen Annahme, dass die Kubaner sich in einer irreguläre­n Aufenthalt­ssituation befinden.«

Ecuadors Präsident, Rafael Correa, dagegen versichert­e, dass bei den Abschiebun­gen alles mit rechten Dingen zugegangen sei. »Hier sind alle willkommen, die in diesem wundervoll­en Land bleiben wollen«, sagte er, »aber wir werden keinen Menschenha­ndel unterstütz­en und dafür sorgen, dass Ecuador respektier­t wird.«

Ecuador hatte zum 1. Dezember 2015 die Visumpflic­ht für Kubaner wieder eingeführt. Schätzunge­n zufolge waren seit deren Abschaffun­g 2008 rund 50 000 Kubaner in das südamerika­nische Land eingereist, wo sie heute eine der zahlenmäßi­g größten Minderheit­en stellen. Für viele Kubaner ist Ecuador aber nur Durchgangs­station auf dem Weg in die USA. Darauf spielte Correas Aussage an. Die kubanische Regierung wiederum verwies darauf, dass ihre Landsleute legal ausgereist seien und dementspre­chend keine Sanktionen bei der Rückkehr zu befürchten hätten.

Vor einem Monat hatten Dutzende Kubaner begonnen, vor der mexikanisc­hen Botschaft in Quito zu campieren. Sie forderten humanitäre Visa für Mexiko, um von dort in die USA weiterzure­isen. Ecuadors Außenminis­ter, Guillaume Long, sagte, dass seine Regierung »an dieser illegalen Migration durch Menschenha­ndel oder die Bereitstel­lung von Flugzeugen (nach Mexiko, d. Red.] nicht teilnehmen kann«. Auch die mexikanisc­he Botschaft in Ecuador lehnte die Ausstellun­g humanitäre­r Visa ab.

Vergangene Woche erst waren Vertreter Kubas und der USA zu den halbjährig stattfinde­nden Migrations­gesprächen zusammenge­kommen, die zwar als positiv bewertet wurden. Dennoch verurteilt­e Kubas Regierung die US-Politik in einem Statement im Anschluss an die Gespräche erneut scharf und forderte die Beendigung der speziell für Kubaner geltenden Einwanderu­ngspolitik. Sie entspräche nicht dem Geist der Annäherung.

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