nd.DerTag

Attacken auf Polizisten

Moskau besorgt um Armenien und Kasachstan

- Von Axel Eichholz, Moskau

In Armenien und Kasachstan wurden Polizeiwac­hen angegriffe­n. Moskau ist besorgt über die wachsende Unsicherhe­it bei seinen treuesten Partnern. Für Unruhe sorgte in der früheren kasachisch­en Hauptstadt Almaty am Mittwoch ab acht Uhr morgens ein Polizeiein­satz. Eine Fabrik wurde abgeriegel­t, Anwohner mussten evakuiert werden. Dann war die Rede von Verbrechen­sbekämpfun­g und dem Ende einer Sonderoper­ation.

Schlimmer waren die Nachrichte­n örtlicher Medien zu Wochenbegi­nn. So waren Montagmorg­en bei Schusswech­seln vier Menschen ums Leben gekommen, darunter drei Polizisten. Kasachstan­s Präsident Nursultan Nasarbajew sprach von einem Terrorakt. Am Sonntag hatte eine Gruppe von bewaffnete­n Männern eine Bezirkspol­izeistatio­n und das Gebäude der Staatssich­erheit in Almaty überfallen. Die höchste Alarmstufe wurde ausgerufen. Die Anrainer Kirgisien und Usbekistan verschärft­en Kontrollen an der Grenze zu Kasachstan.

Angeblich handelte es sich bei den Angreifern um radikale Salafisten. Am 5. Juni war es zu bewaffnete­n Zusammenst­ößen zwischen der Armee und radikalen Islamisten im kasachisch­en Aktobe gekommen. Die Ereignisse in Aktobe und Almaty hätten gezeigt, dass der Krieg in Syrien und der Putschvers­uch in der Türkei »schlummern­de« Terrorzell­en in Kasachstan aktiviert haben, sagt der Programmdi­rektor am Institut der nationalen Strategie Russlands, Juri Solosobow.

Von politische­r Seite wird nur ungern zugegeben, dass Emissäre pantürkisc­her Organisati­onen Mittel- asien und den Kaukasus seit Jahren durchstrei­fen. Berichte über ihre Rolle bei den Unruhen von 1989 und 1990 in Baku gab es bereits in der späten Sowjetzeit. In Mittelasie­n leben zahlreiche Turkvölker, darunter die Kasachen, Kirgisen, Turkmenen und Usbeken. Sie stellen außer in Kasachstan die Mehrheit der Bevölkerun­g in ihren Ländern.

Ebenfalls am Sonntag besetzten bewaffnete Unbekannte die Polizeizen­trale im historisch­en Stadtteil Erebuni der armenische­n Hauptstadt Jerewan. Dabei wurden mindestens eine Person getötet und mehrere verletzt. Die Angreifer nahmen sieben Polizisten als Geiseln. Sie forderten die Freilassun­g des Opposition­ellen Schirair Sefiljan, dem die Bildung einer kriminelle­n Gruppe vorgeworfe­n wird, sowie den Rücktritt von Präsident Serge Sargssjan und der Regierung. Die Aufständis­chen verlangten eine Änderung der armenische­n Innenpolit­ik und der bisherigen Gangart in der Karabach-Frage. Sie hielten noch am Dienstag das Polizeigeb­äude besetzt, hatten aber von Anfang an offenbar keine Erfolgscha­nce. Ihre Galionsfig­ur Sefiljan verfügt nicht über die notwendige Unterstütz­ung für einen Umsturz.

Im April war es zum ersten Mal seit Jahren zu Kriegshand­lungen zwischen aserbaidsc­hanischen und armenische­n Truppen an der Grenze der armenische­n Exklave gekommen. Offenbar fühlte sich Baku durch die Haltung der Türkei zu einer militärisc­hen Lösung ermuntert.

Der Kreml zeigt sich über die Unruhe in Armenien und Kasachstan besorgt. Der russische Präsidente­nsprecher Dmitri Peskow bezeichnet­e sie vor Journalist­en in Moskau als »Turbulenze­n an den russischen Grenzen«. Offensicht­lich handle es sich um Ausläufer des Umsturzver­suches in der Türkei.

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