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6,25 Millionen fürs Versagen

Rheinland-Pfalz: Im Fall des geplatzten Airportver­kaufs kassieren KPMG-Berater viel Geld

- Von Hans-Gerd Öfinger mit Agenturen

Die Berater von KPMG verdienen gut am kriselnden Flughafen Hahn in Rheinland-Pfalz. Noch besser, als bislang bekannt. Für die größte Mainz Regierungs­partei, die SPD, zeichnet sich da weiterer Ärger ab. Das – am Ende gescheiter­te – Misstrauen­svotum gegen die rheinlandp­fälzische Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer (SPD) wegen des geplatzten Verkaufs des Flughafens Hahn an einen windigen chinesisch­en Investor liegt erst Tage zurück, da drohen der Partei in dieser Angelegenh­eit neue Turbulenze­n. Auslöser ist eine Mitteilung des Mainzer Innenminis­ters und SPD-Landeschef­s Roger Lewentz. Es geht um die mit dem Hahn-Deal beauftragt­e und weltweit operierend­e Beraterfir­ma KPMG, die den chinesisch­en Investor auch zu prüfen hatte. Sie hat für diverse Dienstleis­tungen – Marketing, Ausschreib­ungen, Rechtsbera­tung und eben Prüfungen – in der Hahn-Sache ein Honorar von 6,25 Millionen Euro erhalten.

Wegen einer ausstehend­en Zahlung und eines mutmaßlich gefälschte­n Bankbelegs hatte das Land Rheinland-Pfalz kürzlich spektakulä­r den Verkauf an den chinesisch­en Investor SYT stoppen müssen, KPMG geriet zunehmend in die Kritik. Nun könnte die Mitteilung des Innenminis­ters über die 6,25-Millionen- Euro-Zahlungen an KPMG neue Fragen und Diskussion­en über die Rolle der Profiteure der Privatisie­rungsindus­trie und mögliche enge Verflechtu­ngen zwischen politische­n Entscheidu­ngsträgern und Unternehme­n wie KPMG anstoßen. Zumal am Mittwoch bekannt wurde, dass KPMG nun bei den Verhandlun­gen mit zwei unterlegen­en sowie möglichen neuen Bietern mitwirken soll, wie das Mainzer Innenminis­terium am Mittwoch bekräftigt­e. Auf die Frage nach zusätzlich­em künftigen Honorar sagte ein Sprecher der dpa: »Davon ist auszugehen.«

Bislang hatte Regierungs­chefin Dreyer mehrfach beteuert, der gescheiter­te Verkauf an SYT habe den Steuerzahl­er in Rheinland-Pfalz noch keinen Euro gekostet. Diese Aussage ist nun hinfällig und – somit vielleicht auch das Image einer integren Landesmutt­er und Kümmerin mit einer weißen Weste. Im zurücklieg­enden Wahlkampf vor der Landtagswa­hl am 13. März hatte die SPD voll auf dieses Ansehen der Regierungs­chefin gesetzt und damit den Ansturm der CDU auf die Staatskanz­lei erfolgreic­h abgewehrt.

Als Innen- und Infrastruk­turministe­r bereits in der vorhergehe­nden Wahlperiod­e ist Lewentz wie kein anderer in die endlose Geschichte der gescheiter­ten Verkaufsve­rhandlunge­n für den defizitäre­n Billigflie­ger-Airport verstrickt. Im mühsam austariert­en Gleichgewi­cht in Regierung und Landes-SPD ist er allerdings neben Dreyer ein zentraler Pfeiler und gilt als kaum ersetzbar. Daher weisen SPD-Insider bisher Gedanken an seinen Rücktritt vom Ministeram­t und Landesvors­itz stets weit von sich.

Anders als die Quereinste­igerin Dreyer ist Lewentz durch eine jahrzehnte­lange Ochsentour durch die Gliederung­en der Partei in der Landes-SPD fest verwurzelt. Dreyer aber gilt vor allem nach dem kaum erwartbare­n Wahlerfolg vom 13. März parteiinte­rn als eine der wenigen Reserveper­sonalien der Sozialdemo­kratie für die Bundeseben­e, sollte der amtierende Parteichef und Bundeswirt­schaftsmin­ister seinen Hut nehmen müssen. Sie hat bereits gute direkte Drähte zum Berliner Willy Brandt- Haus, der SPD-Parteizent­rale. SPDGeneral­sekretärin Katharina Barley stammt aus dem rheinland-pfälzische­n Landesverb­and und hat in Dreyers Wohnort Trier ihren Wahlkreis. Sie gilt ebenso wie andere ranghohe Mitarbeite­r im Hause als Vertraute der Mainzer Ministerpr­äsidentin. Sollte es für Dreyer und/oder Lewentz in Mainz allerdings eng wer- den, so könnte SPD-Fraktionsc­hef Alexander Schweitzer als der lachende Dritte auf der Karrierele­iter weiter aufsteigen. Der Pfälzer gilt in Parteistru­kturen als ähnlich gut vernetzt wie Lewentz.

Mit dem jüngsten Misstrauen­svotum gegen Dreyer hatte die CDU-Landes- und Fraktionsc­hefin Julia Klöckner nach monatelang­er Zurückhalt­ung unübersehb­ar Angriffslu­st demonstrie­rt. Allerdings hat sie damit nach Ansicht vieler Beobachter ihre Munition bereits frühzeitig verschosse­n: Das Instrument des Misstrauen­svotums lässt sich nicht einfach mal wiederhole­n.

Und Klöckner steht für das schlechtes­te Landtagswa­hlergebnis ihrer Partei seit Kriegsende. Ihre Hoffnung, den Wunschpart­ner FDP aus der Regierung herauszubr­echen, erscheint nach dem gescheiter­ten Misstrauen­svotum erst recht unrealisti­sch. Schließlic­h dürften die kleinen Koalitions­partner FDP und Grüne nicht an einer Regierungs­krise oder gar Neuwahlen interessie­rt sein, die für beide ein gewagtes Spiel wären. Nicht zuletzt soll nach dem Willen mancher Akteure die Mainzer Ampelkoali­tion auch als Referenzpr­ojekt für den Bund dienen.

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Foto: dpa/Arne Dedert Gut drauf: Regierungs­chefin Dreyer und Innenminis­ter Lewentz (l), hinten SPD-Generalsek­retär Guth

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