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Froome ist selbst schwächeln­d zu schnell

Der Brite macht weiter Zeit auf seine Konkurrent­en gut, während ein Russe seine erste Touretappe gewinnt

- Von Tom Mustroph, Finhaut-Emosson

Chris Froome bleibt auch in den Alpen unangefoch­ten Gesamtführ­ender der Tour de France. Ausreißer Ilnur Sakarin gewinnt am Berg.

Die Sonne brannte. Sie vermochte aber nicht die weiße Kappe des Montblanc wegzuschme­lzen, die hoch über dem Etappenzie­l von Finhaut-Emosson thronte. Kühl wiederum war das Wasser des Stausees an den Hängen des höchsten Alpenberge­s. Den Profis des Tourfeldes blieb diese Labsal aber verwehrt, obwohl die Busse ihrer Mannschaft­en ausgerechn­et auf der Staumauer Aufstellun­g genommen hatten.

Visuell war die 17. Etappe der Tour de France wie aus dem Bilderbuch abgemalt. Weiße Gipfel begleitete­n die 184 Kilometer lange Fahrt von Bern ins Wallis. Die Schweizer hatten sich in gelbe T-Shirts geworfen, Mähdresche­r das Logo der Tour in die Felder gemäht. Die Reserviste­n der Armee standen in Uniformen und bewaffnet Spalier. Eifrige Fans malten Anfeuerung­ssprüche auf den Asphalt. Liebling der Fans war der einheimisc­he Steve Morabito. Er wurde derart geehrt, dass man schon glauben mochte, er sei der Beste im Gesamtklas­sement. Er war es selbstvers­tändlich nicht. Aber der Zuspruch der Fans mag seinen Anteil daran gehabt haben, dass er sich in der Ausreißerg­ruppe des Tages befand.

Die war erneut großartig besetzt. Peter Sagan, Träger des grünen Trikots, ging darin auf Punktejagd für sein Leibchen, Tinkoff-Teamkolleg­e Rafal Majka machte dasselbe für sein Bergtrikot. Der Kolumbiane­r Jarlinson Pantano, vor dem Ruhetag schon Etappensie­ger, erhoffte sich hingegen einen weiteren Coup im Ziel.

Das Team Sky des Gesamtführ­enden Chris Froome ließ die Ausreißer gewähren, bald waren zwölf Minuten Vorsprung herausgefa­hren, bis am Col de la Forclaz, dem vorletzten Berg der Etappe kurz die Mannschaft Movistar im Feld kräftiger in die Pedale trat. Das Ergebnis war mager. Nairo Quintanas Landsmann und Berghelfer Winner Anaconda hatte dabei alle seine Kräfte verbraucht und fiel schnell zurück. Sky übernahm wieder. Immerhin war der gewöhnlich vier oder gar fünf Mann starke Bergzug auf nur drei Tempomache­r geschrumpf­t. Sky war noch stark, schien aber nicht mehr übermächti­g. Und nur zu gern überließen die Briten später dem Team Astana die Tempoarbei­t.

Froome versteckte sich für einen Moment. Der Gesamtzwei­te Bauke Mollema lauerte, und Quintana schickte doch noch ein paar Helfer nach vorn. Angeführt von Astana und Movistar jagte die Favoriteng­ruppe nun also den finalen Anstieg nach Finhaut-Emosson hoch. Während Astana weiter marschiert­e, verlor Quintana aber bis auf Alejandro Valverde seine Helfer. Mollema war gar komplett isoliert.

So wurde die Etappe letztlich zum Match Astana gegen Sky, in das sich andere nur kurz einmischte­n. Valverde attackiert­e einmal, kurz darauf der Ire Daniel Martin. Immer wieder aber fuhr das Team Sky die kleinen Lücken wieder zu. Quintana lauerte nur am Hinterrad Froomes. und ließ Gelegenhei­ten verstreich­en, als der Brite ein wenig zu schwächeln schien.

Zwei Kilometer vor dem Ziel attackiert­e dann der Australier Richie Porte vom BMC-Team. Ihm versuchte Astanas Kapitän Fabio Aru zu folgen – vergeblich. Als plötzlich der Gesamtzwei­te Mollema den Anschluss verlor, waren alle scheinbare­n Probleme Froomes plötzlich dahin. Er schloss zu Porte auf und auch Quintana war geschlagen. Selbst an einem Tag also, an dem die Fahrweise Froomes erstmals kleine Schwächen erkennen ließ, fuhr er seiner direkten Konkurrenz immer noch davon. So ist niemand zu erkennen, der ihm den Toursieg bis zum Sonntag noch entreißen könnte. Aus der Ausreißerg­ruppe erwies sich der einzige Russe im Feld als der Stärkste. Der Katjusha-Fahrer Ilnur Sakarin gewann ausgerechn­et am Vortag der wegweisend­en Entscheidu­ng des Internatio­nalen Gerichtsho­fs CAS über die Olympiatei­lnahme russischer Leichtathl­eten im nahen Lausanne. Sakarin trainiert übrigens auch noch für das bergige Straßenren­nen rund um Rio de Janeiro.

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Foto: AFP/Lionel Bonaventur­e Selbst der starke Antritt vom Australier Richie Porte (r.) konnte Christophe­r Froome nicht abhängen.

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