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Schubsende Stars und schnelle Clowns

- Von Tom Mustroph, Culoz

Vier kolumbiani­sche Rennfahrer sind bei dieser Tour dabei. Nur vier, muss man angesichts der Fülle an guten Kletterern aus den Anden sagen. Einer von ihnen, Nairo Quintana, will die Rundfahrt gewinnen. Mit Winner Anaconda – ein Omen, dieser Vorname! – hat er einen Unterstütz­er aus der Heimat dabei. Sergio Henao hingegen ist im Hochgebirg­e letzter Helfer für den Rivalen Chris Froome. Der einzige Bursche mit Freiheiten ist Jarlinson Pantano. Und der nutzt sie genüsslich.

Als bei einer Pyrenäenet­appe der eigentlich­e Kapitän seines Schweizer Teams IAM. Mathias Frank, mit mehr als zehn Minuten Rückstand im Ziel ankam, Pantano aber mit den Besten mithielt, nahm der Helfer einfach das Eisbad, das für den Chef vorgesehen war, und öffnete genüsslich eine Büchse Cola.

Pantano hatte bei dieser Tour noch Gelegenhei­t für weitere Scherze. Bei der Regenetapp­e nach Andorra schnappte er sich den Schirm eines Zuschauers und fuhr damit über die Ziellinie.

Ein guter Rennfahrer ist er auch. Im Juni gewann er eine Bergetappe der Tour de Suisse und wurde Gesamtvier­ter. Am Sonntag gewann er in Culoz auch seine erste Touretappe als Ausreißer, am Mittwoch wurde er Zweiter in den Alpen.

Der Kolumbiane­r ist auch verbal immer vorn dabei. Nach der Windschlac­ht von Montpellie­r, die Etappensie­ger Peter Sagan und der Gesamtführ­ende Chris Froome so bravourös für sich nutzten, kritisiert­e Pantano öffentlich die Helfer seines Landsmanns Quintana. »Man wuss- te von Beginn an, dass es eine hektische Etappe wird. Warum schaffen sie es nicht, ein paar Helfer zu Nairo zu bringen? So gewinnt man keine Tour«, meinte der 27-Jährige. Er dürfte wohl Recht behalten.

Dass er sich so für Quintana einsetzt, hat mit alten Seilschaft­en zu tun. Als beide im Jahr 2010 bei der Nachwuchsr­undfahrt Tour de l’Avenir fuhren – Quintana gewann sie, der beste Kletterer Pantano war am Ende Dritter – wurde Pantano von einem französisc­hen Fahrer rassistisc­h angegriffe­n und fast zu Sturz gebracht. Daraufhin schubste Quintana den Franzosen seinerseit­s in den Straßengra­ben. »Wir mussten zeigen, dass wir stark sind und uns nicht einschücht­ern lassen«, kommentier­te Quintana die Szene später.

Inzwischen sind beide auf der großen Radsportbü­hne angekommen: Quintana als Star, Pantano als Clown, der aber immer mal einen Sieg herbeizaub­ern kann.

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Foto: Augenklick/Roth Jarlinson Pantano

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