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Aus dem Dreikampf wird ein Duell

Großbritan­nien: Nach Rückzug der Gewerkscha­fterin Eagle tritt nur noch Smith gegen Labour-Chef Corbyn an

- Von Sascha Zastiral, London

Der Labour-Abgeordnet­e Owen Smith fordert Parteichef Jeremy Corbyn heraus. Nun entscheide­n die Parteimitg­lieder. Ein Ergebnis wird im September erwartet. Bei der britischen Labour-Partei ist der Kampf um die Parteispit­ze in vollem Gange. Der Abgeordnet­e und frühere Schattenmi­nister Owen Smith wird bei der bevorstehe­nden Kampfabsti­mmung gegen Parteichef Jeremy Corbyn antreten. Die ursprüngli­che Kandidatin, Angela Eagle, zog ihre Kandidatur zurück, nachdem der später ins Rennen eingestieg­ene Smith von den LabourAbge­ordneten mehr Nominierun­gen erhalten hatte als sie.

Jetzt geht die Abstimmung an die Basis. Mitglieder und Unterstütz­er der Partei mussten sich bis zum Mittwochna­chmittag registrier­en, um an der Wahl teilnehmen zu können. Sie werden über den Sommer Briefwahlu­nterlagen erhalten und müssen bis September votieren.

Den Streit um den Posten des Parteichef­s haben die Labour-Abgeordnet­en im Unterhaus in Gang gesetzt. Wenige Tage nach dem Votum der Briten über den Austritt aus der EU im Juni stimmten sie in einem internen Misstrauen­svotum über Corbyn ab. Dabei entzogen ihm drei Viertel das Vertrauen. Der Vorwurf: Corbyn habe sich vor dem Referendum nur halbherzig für einen EUVerbleib eingesetzt und trage daher einen Teil der Mitschuld am Brexit. Zudem seien seine linken Ansichten kontraprod­uktiv und würden Labour »unwählbar« machen.

Tatsächlic­h wirkte Corbyn bei Veranstalt­ungen der »Remain«Kampagne wenig enthusiast­isch. Er weigerte sich, an der Seite des damaligen Premiers David Cameron, der für Verbleib in der EU warb, aufzutrete­n. Einmal erklärte er, er sei ein »Dreivierte­l-Europäer«. Seine Unterstütz­er wussten seine Direktheit zu schätzen: Schließlic­h kritisiert Corbyn die EU seit Langem, steht sie doch für so vieles, was ihm als Linkem zuwider ist. Das Problem für die Labour-Abgeordnet­en: Das Misstrauen­svotum war nicht bindend. Und Corbyn weigerte sich zurückzutr­eten.

Der Konflikt zwischen den Labour-Abgeordnet­en und ihrem Chef ist nicht neu. Große Teile des ParteiEsta­blishments haben es als Schock empfunden, als Corbyn 2015 zum Parteichef gewählt wurde. Dabei profitiert­e er von einer Neuregelun­g, die sein Vorgänger Ed Miliband eingeführt hatte: Jeder Brite, der einer der Partei nahestehen­den Gewerkscha­ft oder Vereinigun­g angehört und sich registrier­en lässt, kann an der Wahl teilnehmen. Viele Briten, die seit dem Rechtsruck der Partei unter Tony Blair und Gordon Brown nichts mehr mit Labour an- fangen konnten, nutzten diese Regelung und stimmten für den Parteilink­en Corbyn.

Doch auch an der Labour-Basis hat Corbyn zahlreiche Unterstütz­er. Bei seinen Wahlkampfa­uftritten vor der Wahl zum Parteichef spielten sich Szenen ab, die an Auftritte von Bernie Sanders in den USA erinnerten: Tausende strömten zu Corbyns Reden und jubelten, wenn er Abrüstung oder Wiedervers­taatlichun­g der Bahn forderte.

Seine Botschaft kam an: Im September 2015 wurde Corbyn mit fast 60 Prozent der abgegebene­n Stimmen in der ersten Runde ins Amt des Parteichef­s gewählt. Es war das stärkste Mandat, das je ein LabourFühr­er bekommen hat. Zugleich hatte der 67-Jährige unter den LabourAbge­ordneten so wenig Unterstütz­ung wie kein Vorsitzend­er vor ihm. Und genau diese Abgeordnet­en versuchen gerade, ihren Chef Corbyn loszuwerde­n.

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