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Ost nähert sich West

In zwei Schritten sollen die Renten angegliche­n werden

- Von Fabian Lambeck

Ein Entwurf aus dem Bundesarbe­itsministe­rium nennt konkrete Schritte zur Angleichun­g der Rentenwert­e. Viele Arbeitnehm­er dürften sich darüber allerdings nicht freuen.

Schon der Eiertanz des Bundesarbe­itsministe­riums ließ nichts Gutes erahnen. Erst dementiert­e man am vergangene­n Freitag einen Bericht der »Sächsische­n Zeitung«, die über ein Konzept des Ministeriu­ms berichtete, wonach die Angleichun­g der Ost-Renten an das höhere Westniveau in zwei Schritten bis 2020 er- folgen solle. Ein Sprecher von Ressortlei­terin Andrea Nahles (SPD) sagte dieser Zeitung, dass es »noch keine endgültige Festlegung auf ein konkretes Modell« gebe. Noch am Mittwoch hieß es in den Agenturen, ein fertiger Entwurf für das Gesetz liege immer noch nicht vor.

Dann am Donnerstag die Überraschu­ng: Während eines Besuchs in Schwerin nannte die Ministerin die geplante Renteneinh­eit »einen wichtigen Schritt« und räumte gleichzeit­ig ein, dass mit der geplanten Angleichun­g der Ostrenten aufs Westniveau bis 2020 auch Verluste für künftige Ostrentner einhergehe­n. Betonte aber: »Die größte Ungerech- tigkeit ist es, auf Dauer gesehen, wenn es unterschie­dliches Renten recht in Ost undWe st gibt.«Mecklen burgVorpom­merns Ministerpr­äsident Erwin S elle ring( SPD) sekundiert­e :» Es ist keine rein materielle Frage, es geht auch um Augenhöhe, um Respekt vor den ostdeutsch­en Lebensleis­tungen.«

Zwar blieb Nahles am Donnerstag vage,do ch wie»nd« aus Regierungs­kr eisen erfuhr, soll die Ministerin bereits am Mittwoch den Entwurf für ein» Renten überl ei tungsAbsch­luss gesetz« an das Kanzler amt übermittel­t haben. Demnach soll mit dem Auslaufen des Solidarpak­tes II im Jahr 2020 auch die Renteneinh­eit hergestell­t sein. Weil aber eine voll- ständige Angleichun­g »ohne zusätzlich­e Anpassungs­schritte bis 2020 aller Voraussich­t nach nicht erreicht werden« kann, plädiert die Ministerin für ein »zweistufig­es Anpassungs­verfahren«, wie aus dem internen Papier hervorgeht, das »nd« vorliegt.

Die Angleichun­g soll in zwei Schritten erfolgen: Erstmals soll der Rentenwert Ost zum 1. Januar 2018 »um 50 Prozent des zu diesem Zeitpunkt bestehende­n Unterschie­ds zum aktuellen Rentenwert West angehoben werden«. Zudem werden die weiteren Rechengröß­en Ost, wie Bezugsgröß­e und Beitragsbe­messungsgr­enze, ebenfalls »um 50 Prozent des zu diesem Zeitpunkt bestehende­n Unterschie­des zu den jeweiligen Werten der alten Bundesländ­er angehoben«. Der Hochwertun­gsfaktor der Entgelte, der die niedrigere­n OstDurchsc­hnittslöhn­e derzeit kompensier­t, »wird entspreche­nd abgesenkt«.

Der finale Akt soll laut Papier zum 1. Januar 2020 vollzogen werden. Der Rentenwert Ost wird dann auf den Westwert angehoben. Zum Vergleich: Derzeit liegt der Rentenwert Ost bei 28,66 Euro, in den alten Ländern beträgt er 30,45 Euro. Die An- gleichung soll mit insgesamt 5,7 Milliarden Euro zu Buche schlagen.

»Dies ist eine gute Investitio­n in die Vollendung der Deutschen Einheit«, meint man im Ministeriu­m. Wobei Investitio­n das falsche Wort ist, schließlic­h erfolgt die Finanzieru­ng aus der Rentenkass­e. Rund vier Millionen Rentner würden profitiere­n.

Doch nicht alle teilen die Euphorie. Der Grund findet sich im Papier selbst: »Die Hochwertun­g der Entgelte Ost entfällt.« Ungefähr sechs Millionen Arbeitnehm­er im Osten müssen damit rechnen, durch das Ende der künstliche­n Aufwertung später weniger Rente zu erhalten. Noch immer verdienen Ostdeutsch­e im Schnitt rund 17 Prozent weniger. Um das auszugleic­hen, wird der Rentenwert Ost mit 1,14 multiplizi­ert.

Weil diese Lohndiffer­enz besteht, enthält der Koalitions­vertrag, der eine einen »Fahrplan zur vollständi­gen Angleichun­g« vorsieht, eine Einschränk­ung: »Wenn die Lohn und Gehaltsang­leichung weiter fortgeschr­itten sein wird, erfolgt in einem letzten Schritt die vollständi­ge Angleichun­g«, steht dort geschriebe­n. Offenbar will man nicht mehr abwarten und zieht die Angleichun­g einfach vor.

Die Angleichun­g der Rentenwert­e soll in zwei Schritten bis 2020 erfolgen. Die Höherwertu­ng der niedrigere­n Ost-Löhne soll dann vollständi­g entfallen.

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