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Lückensuch­e in Nizza

Offenbar haperte es bei den Sicherheit­smaßnahmen

- AFP/nd

In Frankreich herrscht weiter Ausnahmere­cht. Wegen Nizza. Aber am Tag des Anschlags gab es wohl Lücken. Nun gibt es Fragen.

Paris. Rund eine Woche nach dem Anschlag in Nizza mit 84 Toten geht die französisc­he Regierung Vorwürfen nach, es habe gravierend­e Sicherheit­slücken gegeben. Präsident François Hollande versprach am Donnerstag am Rande eines Besuchs in Dublin Aufklärung. Nach einem Bericht der Zeitung »Libération« sicherte die Polizei am Abend des Attentats die für den Verkehr gesperrte Strandprom­enade in Nizza nicht ausreichen­d ab.

Hollande sagte, es gebe »keinen Platz für Polemik«, sondern nur für »Wahrheit und Transparen­z«. Innenminis­ter Bernard Cazeneuve ordnete eine Untersuchu­ng an. Die Generalins­pektion der Polizei soll nun feststelle­n, ob die Behörden alle nötigen Vorkehrung­en anlässlich der Feierlichk­eiten zum Nationalfe­iertag am 14. Juli in der südfranzös­ischen Küstenstad­t trafen. Die Ergebnisse sollen laut Hollande in der kommenden Woche vorliegen.

Nach Angaben der »Libération« stand am Abend des Anschlags nur ein einziges Auto der städtische­n Polizei bereit, um den für Kraftfahrz­euge gesperrten Strandboul­evard Promenade des Anglais abzusicher­n. Die nationale Polizei sei dort – anders als vom Innenminis­ter angegeben – nicht im Einsatz gewesen. Der Verkehr sei ansonsten nur durch einfache Metallbarr­ieren umgeleitet worden. Die Zeitung beruft sich auf Augenzeuge­n sowie Aufzeichnu­ngen von Überwachun­gskameras.

Auch die für ihre Enthüllung­en bekannte Satirezeit­ung »Le Canard enchaîné« berichtet von Sicher- heitslücke­n. Dem Blatt zufolge gaben die Behörden die ursprüngli­che Idee von Betonabspe­rrungen auf der Promenade auf. Auch auf individuel­le Besucher-Kontrollen sei unter Verweis auf die hohe Auslastung der Polizei verzichtet worden. Die Sicherheit­skräfte gelten seit den Anschlägen vom November als überlastet. Dazu hat auch die Fußball-EM beigetrage­n.

Die Präfektur des Départemen­ts Alpes-Maritimes, in dem Nizza liegt, wies den Vorwurf von »Libération« zurück, es sei die Unwahrheit über das Sicherheit­saufgebot gesagt worden. »Zu keinem Zeitpunkt haben die Behörden gelogen«, erklärte Präfekt Adolphe Colrat. Er verwies darauf, dass der Attentäter von drei Angehörige­n der nationalen Polizei erschossen worden sei, nachdem er mit seinem Lastwagen mehr als 80 Menschen getötet und über 300 verletzt hatte.

Die konservati­ve Opposition verlangte angesichts der Berichte klare Antworten von der sozialisti­schen Regierung. Der Generalsek­retär der Partei Die Republikan­er, Eric Woerth, sagte: »Die derzeit herrschend­e Verwirrung ist inakzeptab­el.« Er rief Innenminis­ter Cazeneuve auf, seiner Verantwort­ung gerecht zu werden. Die rechtspopu­listische Partei Front National forderte erneut den Rücktritt des Ministers.

Die Ermittler setzten ihre Untersuchu­ngen fort. Bei einem möglichen Komplizen des Attentäter­s wurden eine Kalaschnik­ow und Munition sichergest­ellt. Der 22Jährige wird verdächtig­t, Mohamed Lahouaiej Bouhlel eine Pistole geliefert zu haben, mit der er auf die Polizisten schoss.

Am Donnerstag waren insgesamt noch vier Männer und eine Frau in Polizeigew­ahrsam.

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