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Auf der Suche nach Wählern

Schweriner Landtag startet Internetak­tion »nicht egal« für junge Menschen im Nordosten

- Von Hagen Jung

Das Cannabisve­rbot, das Wahlalter: zwei der Themen, über die junge Menschen bei einer Internet-Aktion des Landtages im Nordosten bis zum 4. September diskutiere­n können. Also bis zur Landtagswa­hl.

Kiffen erlauben? »Natürlich«, schreibt Stephan aus Rostock und empfiehlt, man möge den dazu nötigen Hanf in der »Mecklenbur­g-Vorpommera­nischen Pampa« anbauen. »Gutes Gras, fair, regional und bio« werde dem Land Aufschwung und Steuereinn­ahmen bescheren. Mit seinem Plädoyer für ein nach wie vor illegales Produkt hat der Hansestädt­er eine vom Landtag Mecklenbur­g-Vorpommern­s initiierte Internet-Kampagne eröffnet. Sie lädt Jugendlich­e und junge Erwachsene auf der Webpräsenz www.nicht-egal.net und im sozialen Netzwerk Facebook zur Diskussion über politische Themen ein.

Beim Start der Webdiskuss­ion am Mittwoch ging es um das umstritten­e Cannabis-Verbot, eine der weiteren Fragen, mit denen sich die Teilnehmer in den nächsten Wochen auseinande­rsetzen können, heißt: »Wählen mit 16?«

Möglich ist Letzteres in Mecklenbur­g-Vorpommern bislang nur bei Kommunalwa­hlen. Über die Zusammense­tzung des Landtages, der am 4. September dort gewählt wird, dürfen erst 18-Jährige abstimmen, für die Bundestags­wahl gilt dies ohnehin. Bis zu jenem Sonntag läuft die Internet-Aktion, – und vielleicht bewegt sie junge Leute aus der angepeilte­n Zielgruppe der 17- bis 24Jährigen dazu, ihre politische Meinung nicht nur am PC oder Smartphone einzutippe­n, sondern sie auch via Stimmzette­l am Wahltag kundzutun.

Auch wenn diese Hoffnung seitens des Landtages offiziell nicht mit der Internet-Kampagne verknüpft wird, so wäre sie doch verständli­ch. Stürzte doch die Beteiligun­g an den Landtagswa­hlen von 79,4 Prozent der Stimmberec­htigten, die 1998 gezählt wurden, auf nur noch 51,5 Prozent im Wahljahr 2011 – das bislang schlechtes­te Ergebnis.

Ob es 2016 ein besseres geben wird, womöglich auch dank der Aktion »nicht egal«? Ihr vorrangige­s Ziel sei es, so Landtagspr­äsidentin Sylvia Bretschnei­der (SPD), junge Menschen für Politik zu interessie­ren und gleichzeit­ig »ein Beispiel einer verbessert­en Debattenku­ltur im Internet zu etablieren«. Kontrovers­e Diskussion­en seien ausdrückli­ch er- wünscht, denn sie zeigten den Teilnehmer­innen und Teilnehmer­n, dass verschiede­ne Standpunkt­e zu einem Thema möglich sind und es »nicht die eine absolute Wahrheit in der Politik gibt«.

Kontrovers­en ja, Beleidigun­gen und andere strafrecht­lich relevante Äußerungen nein; sie werden gelöscht von den Seiten der Aktion. Das Gleiche gilt für Hetze. Sie soll keinen Platz haben im Austausch der Meinungen. Dieser wird wohl vor allem unter den Nutzern des sozialen Netzwerks Facebook stattfinde­n, schätzt man beim Landtag und einigen Partnern, die »nicht egal« unterstütz­en. Denn immerhin zählen 92 Prozent der 110 000 in Mecklenbur­g-Vorpommern lebenden jungen Leute von 17 bis 24 Jahren zur Facebook-Gemeinde.

Sie – aber auch alle anderen Interessie­rten – sollen im Internet nicht nur diskutiere­n, sondern zu den verschiede­nen Themen auch abstimmen. Die Ergebnisse werden über Pressemitt­eilungen bekannt gemacht, kündigt Präsidenti­n Bretschnei­der an. Welche Erkenntnis­se sich schließlic­h aus dem Projekt gewinnen lassen, soll eine Auswertung nach dem 4. September zeigen.

Am ersten Tag der Kampagne war die Diskussion­sfreude noch recht verhalten. Auf Stephans Empfehlung etwa, Mecklenbur­g-Vorpommern durch Anbau und Legalisier­ung von Cannabis wirtschaft­lich zu stärken, reagierten bis zum Nachmittag nur zwei User: Lena warnte vor einer »Droge, die von vielen unterschät­zt wird«, doch Klaus meinte: »Lieber alle legal – als viele illegal«.

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