nd.DerTag

Schweigen rächt sich

- Nicolas Šustr über Gespräche als sozialer Kitt.

Seit Wochen berichtet der »Tagesspieg­el« über angeblich sich verdichten­de Hinweise zu Extremismu­s in einem Neuköllner Gotteshaus. Sie stützen sich auf die lange bekannten Auftritte von zwei umstritten­en Predigern 2013 und 2014. Seit die Neuköllner Bezirksbür­germeister­in Franziska Giffey (SPD) kürzlich dort war, reißt die Kritik an ihr nicht ab. »Wir sind im Gespräch über die Werte unserer Gesellscha­ft, die ich auch sehr deutlich mache«, antwortet sie bei Facebook auf Anwürfe, sich mit Islamisten gemein zu machen. »Grob fahrlässig wäre es, nicht ins Gespräch zu kommen und so tun, als gäbe es diese Menschen nicht«, schreibt sie weiter.

»Wir waren alle in der Dar Assalam-Moschee«, sagt die Grünen-Abgeordnet­e Anja Kofbinger. Um zu reden. Ohne dies kann es kein aufeinande­r Zugehen geben, bei dem die eigene Position natürlich nicht aufgegeben oder verschwieg­en wird. Giffeys Amtsvorgän­ger Heinz Buschkowsk­y, ebenfalls SPD, grollt nun. Sie betreibe eine »Verniedlic­hung« des politische­n Islam. Schöne klare Kante, wie gehabt. Zehntausen­de Muslime leben in Berlin, manche gläubig, manche nicht. Manche liberal, manche stockkonse­rvativ. Und ja, sogar muslimisch­e Hippies gibt es. Viele gehen in die Moschee, wie vor Jahrzehnte­n die deutschstä­mmige Bevölkerun­g eben in die Kirche gegangen ist. Schlimmer als katholisch­es Kirchenwis­sen sind die meisten Ansichten nüchtern betrachtet auch nicht. Und wenn sich irgendetwa­s verbessern soll, dann muss geredet werden. Auch wenn das frustriert­en alten Männern nicht passt.

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Foto: nd/Ulli Winkler

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