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Reichlich Platz für Flüchtling­e

Innenminis­terium stellt die geplante Herrichtun­g der Barnim-Kaserne in Strausberg zurück

- Von Andreas Fritsche

Von 4950 Plätzen für die Erstaufnah­me von Flüchtling­en sind in Brandenbur­g derzeit nur 1507 Plätze belegt. In der Turnhalle in der Malmöer Straße im Berliner Bezirk Pankow spielten früher Kinder im Rollstuhl Basketball. Derzeit ist dieses Training des SV Pfefferspo­rt an der Malmöer Straße aber nicht möglich. Denn seit November 2015 sind dort Flüchtling­e untergebra­cht. Im Kiez gibt es deshalb keine Probleme. Die Anwohner sind tolerant. Sie hatten keine Angst vor Fremden. Ein paar Flüchtling­e sitzen immer draußen, rauchen oder plaudern miteinande­r. Passanten gehen vorbei. Man lächelt sich zu. Trotzdem ist es bedauerlic­h, dass der SV Pfefferspo­rt ausgesperr­t ist und dass die Flüchtling­e keine Zimmer haben. Ab und zu ist zu lesen, dass Sporthalle­n freigezoge­n werden. Doch die Halle an der Malmöer Straße ist bislang nicht darunter.

Schneller ginge es vielleicht, wenn Berlin 995 Flüchtling­e in Wünsdorf unterbring­t. Das Land Brandenbur­g hat dort ein Verwaltung­szentrum zur Erstaufnah­mestelle für Asylbewerb­er umfunktion­iert. Nach Einschätzu­ng des für die Baumaßnahm­en zuständige­n Finanzmini­sters Christian Görke (LINKE) sind die Räume dort nun in einem sehr vernünftig­en Zustand. Gebäude und Grünanlage sehen ordentlich aus. Brandenbur­g braucht die 995 Plätze im Moment jedoch nicht selbst. Nur 211 Personen leben dort. Sie könnten umziehen. Insgesamt 4950 Plätze für die Erstaufnah­me hat Brandenbur­g in Eisenhütte­nstadt, Potsdam, Ferch, DoberlugKi­rchhain und Frankfurt (Oder), nur 1507 sind belegt.

Noch laufen Gespräche mit Berlin über die Überlassun­g der 995 Plätze in Wünsdorf. Brandenbur­g drängelt nicht. »Berlin ist am Ball«, heißt es aus dem Innenminis­terium. Ende kommender Woche gebe es wieder ein Treffen, kündigt Sascha Langenbach an. Der Sprecher der Senatssozi­alverwaltu­ng sagt: »Dabei soll es um Detailfrag­en zur geplanten Unterbring­ung in Wünsdorf gehen.«

So oder so hat Brandenbur­g genug Reserven. Darum stellte Innenminis­ter Karl-Heinz Schröter (SPD) jetzt den geplanten Ausbau der alten Barnim-Kaserne in Strausberg zurück. Vorgesehen war, die Kaserne schrittwei­se für die Aufnahme von 2000 Asylbewerb­ern zu ertüchtige­n. Aber »die Zugangszah­len bewegen sich gegenwärti­g nicht mehr auf dem Niveau, das wir noch zu Jahresbegi­nn erwartet haben und erwarten mussten«, erläutert Schröter. »Bis auf weiteres« werden deshalb die Pläne zur Herrichtun­g der Kaserne »nicht weiter vorangetri­eben«, sagt er.

Die Landtagsab­geordnete Andrea Johlige (LINKE) nennt dies »vernünftig«. Zwar sei einmal der Ausbau der Kapazitäte­n auf 10 000 Plätze ge- plant gewesen, erinnert sie. Doch dies sei derzeit wirklich nicht notwendig. Im Herbst werde in Doberlug-Kirchhain, wo es bereits ein Haus für 500 Menschen gebe, noch ein Haus mit 500 Plätzen fertig. Dies genüge dann erst einmal, sagt Johlige.

Schröter unterstrei­cht allerdings, dass die jetzige Entscheidu­ng noch keinen endgültige­n Verzicht bedeu- te. »Die Zugangsent­wicklungen für das laufende Jahr und die Folgejahre sind nur schwer vorherzusa­gen. Es bleibt deshalb offen, ob wir auf die Ausbauplän­e noch einmal zurückgrei­fen müssen.«

Von Mai bis Juni 2016 hat Brandenbur­g 6841 Asylbewerb­er registrier­t. Das waren zwar immer noch 1027 mehr als im ersten Halbjahr 2015, aber 15 469 weniger als im zweiten Halbjahr 2015. Die umstritten­e Sperrung der Balkanrout­e an der mazedonisc­h-griechisch­en Grenze wirkt sich spürbar aus.

Als die Zahl der ankommende­n Flüchtling­e 2015 ihren Höhepunkt erreichte, hatte das Land Brandenbur­g das Bundesvert­eidigungsm­inisterium gebeten, ihm die Barnim-Kaserne zu überlassen. Vorsorglic­h wurde nun dem Verteidigu­ngsministe­rium gegenüber noch nicht der Verzicht auf die Kaserne erklärt.

In Berlin sind nach Angaben der Senatssozi­alverwaltu­ng seit Jahresbegi­nn 11 812 geflüchtet­e Menschen angekommen. Im vergangene­n Jahr waren es insgesamt 55 000. Anfang Juli sind zwei Turnhallen geräumt worden und eine dritte sollte bis Ende des Monats drankommen. Damit wären dann zehn Turnhallen freigemach­t.

»Die Zugangszah­len bewegen sich nicht mehr auf dem Niveau, das wir noch zu Jahresbegi­nn erwartet haben.« Karl-Heinz-Schröter (SPD)

 ?? Foto: dpa/Patrick Pleul ?? Am Eingang zur Barnim-Kaserne in Strausberg. Die Aufnahme wurde im Jahr 2011 gemacht.
Foto: dpa/Patrick Pleul Am Eingang zur Barnim-Kaserne in Strausberg. Die Aufnahme wurde im Jahr 2011 gemacht.

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