Reichlich Platz für Flüchtlinge
Innenministerium stellt die geplante Herrichtung der Barnim-Kaserne in Strausberg zurück
Von 4950 Plätzen für die Erstaufnahme von Flüchtlingen sind in Brandenburg derzeit nur 1507 Plätze belegt. In der Turnhalle in der Malmöer Straße im Berliner Bezirk Pankow spielten früher Kinder im Rollstuhl Basketball. Derzeit ist dieses Training des SV Pfeffersport an der Malmöer Straße aber nicht möglich. Denn seit November 2015 sind dort Flüchtlinge untergebracht. Im Kiez gibt es deshalb keine Probleme. Die Anwohner sind tolerant. Sie hatten keine Angst vor Fremden. Ein paar Flüchtlinge sitzen immer draußen, rauchen oder plaudern miteinander. Passanten gehen vorbei. Man lächelt sich zu. Trotzdem ist es bedauerlich, dass der SV Pfeffersport ausgesperrt ist und dass die Flüchtlinge keine Zimmer haben. Ab und zu ist zu lesen, dass Sporthallen freigezogen werden. Doch die Halle an der Malmöer Straße ist bislang nicht darunter.
Schneller ginge es vielleicht, wenn Berlin 995 Flüchtlinge in Wünsdorf unterbringt. Das Land Brandenburg hat dort ein Verwaltungszentrum zur Erstaufnahmestelle für Asylbewerber umfunktioniert. Nach Einschätzung des für die Baumaßnahmen zuständigen Finanzministers Christian Görke (LINKE) sind die Räume dort nun in einem sehr vernünftigen Zustand. Gebäude und Grünanlage sehen ordentlich aus. Brandenburg braucht die 995 Plätze im Moment jedoch nicht selbst. Nur 211 Personen leben dort. Sie könnten umziehen. Insgesamt 4950 Plätze für die Erstaufnahme hat Brandenburg in Eisenhüttenstadt, Potsdam, Ferch, DoberlugKirchhain und Frankfurt (Oder), nur 1507 sind belegt.
Noch laufen Gespräche mit Berlin über die Überlassung der 995 Plätze in Wünsdorf. Brandenburg drängelt nicht. »Berlin ist am Ball«, heißt es aus dem Innenministerium. Ende kommender Woche gebe es wieder ein Treffen, kündigt Sascha Langenbach an. Der Sprecher der Senatssozialverwaltung sagt: »Dabei soll es um Detailfragen zur geplanten Unterbringung in Wünsdorf gehen.«
So oder so hat Brandenburg genug Reserven. Darum stellte Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) jetzt den geplanten Ausbau der alten Barnim-Kaserne in Strausberg zurück. Vorgesehen war, die Kaserne schrittweise für die Aufnahme von 2000 Asylbewerbern zu ertüchtigen. Aber »die Zugangszahlen bewegen sich gegenwärtig nicht mehr auf dem Niveau, das wir noch zu Jahresbeginn erwartet haben und erwarten mussten«, erläutert Schröter. »Bis auf weiteres« werden deshalb die Pläne zur Herrichtung der Kaserne »nicht weiter vorangetrieben«, sagt er.
Die Landtagsabgeordnete Andrea Johlige (LINKE) nennt dies »vernünftig«. Zwar sei einmal der Ausbau der Kapazitäten auf 10 000 Plätze ge- plant gewesen, erinnert sie. Doch dies sei derzeit wirklich nicht notwendig. Im Herbst werde in Doberlug-Kirchhain, wo es bereits ein Haus für 500 Menschen gebe, noch ein Haus mit 500 Plätzen fertig. Dies genüge dann erst einmal, sagt Johlige.
Schröter unterstreicht allerdings, dass die jetzige Entscheidung noch keinen endgültigen Verzicht bedeu- te. »Die Zugangsentwicklungen für das laufende Jahr und die Folgejahre sind nur schwer vorherzusagen. Es bleibt deshalb offen, ob wir auf die Ausbaupläne noch einmal zurückgreifen müssen.«
Von Mai bis Juni 2016 hat Brandenburg 6841 Asylbewerber registriert. Das waren zwar immer noch 1027 mehr als im ersten Halbjahr 2015, aber 15 469 weniger als im zweiten Halbjahr 2015. Die umstrittene Sperrung der Balkanroute an der mazedonisch-griechischen Grenze wirkt sich spürbar aus.
Als die Zahl der ankommenden Flüchtlinge 2015 ihren Höhepunkt erreichte, hatte das Land Brandenburg das Bundesverteidigungsministerium gebeten, ihm die Barnim-Kaserne zu überlassen. Vorsorglich wurde nun dem Verteidigungsministerium gegenüber noch nicht der Verzicht auf die Kaserne erklärt.
In Berlin sind nach Angaben der Senatssozialverwaltung seit Jahresbeginn 11 812 geflüchtete Menschen angekommen. Im vergangenen Jahr waren es insgesamt 55 000. Anfang Juli sind zwei Turnhallen geräumt worden und eine dritte sollte bis Ende des Monats drankommen. Damit wären dann zehn Turnhallen freigemacht.
»Die Zugangszahlen bewegen sich nicht mehr auf dem Niveau, das wir noch zu Jahresbeginn erwartet haben.« Karl-Heinz-Schröter (SPD)