nd.DerTag

Frauenprot­est

- Arbeit – Bewegung – Geschichte. Zeitschrif­t für historisch­e Studien. 2016/II. 219 S., br., 14 €; Bezug: Metropol Verlag, Ansbacher Str. 70, 10777 Berlin oder auch unter: veitl@metropol-verlag.de Rainer Holze

Es ist erfreulich, dass auch in der zweiten Ausgabe der historisch­en Fachzeitsc­hrift »Arbeit – Bewegung – Geschichte« die Protestpro­blematik nicht aus dem Blick verloren wird. So be-fassen sich hier Irena Selišnik, Ana Cergol Paradiž und Žiga Koncilija von der Universitä­t Lubljana mit den wenig bekannten Frauenprot­esten in den slowenisch­sprachigen Regionen Österreich-Ungarns vor dem und während des Ersten Weltkriege­s. Ähnlich wie in Frankreich, Deutschlan­d, Russland und in den USA seien jene spontanen wie auch organisier­ten Demonstrat­ionen vor allem von Angehörige­n der unteren sozialen Klassen getragen worden. Die Autoren heben die starke Unterstütz­ung der Frauen beim Generalstr­eik der Heizer des Österreich­ischen Lloyds in Triest im Februar 1902 sowie die mutige massenhaft­e Beteiligun­g an den sogenannte­n »moti del pane« (Brotunruhe­n) in der Hafenstadt im April 1915 sowie bei den Antikriegs­kundgebung­en in den ersten Monaten des Jahres 1918 in Lubljana hervor; letztere führten zu Massenverh­aftungen und etlichen Gerichtsve­rhandlunge­n. Unter dem Eindruck der russischen Oktoberrev­olution 1917 und bestärkt durch eine zu neuem Selbstbewu­sstsein gelangte Arbeiterbe­wegung forderten die Frauen nicht mehr nur eine bessere Versorgung­slage, sondern explizit die Beendigung des Krieges und einen Frieden, der das Selbstbest­immungsrec­ht und die Gleichheit der Nationen garantiert, sowie das aktive und passive Wahlrecht auch für sie selbst.

Holger Szitrich-Stahl untersucht die zwischen grundsätzl­icher Ablehnung und vorsichtig­er Realpoliti­k gekennzeic­hnete schwankend­e Haltung der deutschen Sozialdemo­kratie bei der Entstehung des Bürgerlich­en Gesetzbuch­es 1896. Und Jürgen Schmidt widmet sich dem Beziehungs­geflecht von Arbeit und Nicht-Arbeit in der polynesisc­hen Südseeinse­l und deutschen Kolonie Samoa im späten 19. und frühen 20. Jahrhunder­t. Eine erfolgreic­he Bilanz des 25jährigen Wirkens des in Berlin ansässigen Förderkrei­ses Archive und Bibliothek­en zur Geschichte der Arbeiterbe­wegung vermittelt Günter Benser, einer der Mitbegründ­er und langjährig­er Vorsitzend­er sowie Herausgebe­r der »Mitteilung­en« des gemeinnütz­igen Vereines. Mit der Geschichte des DGB in der alten Bundesrepu­blik beschäftig­en sich die Beiträge von Severin Cramm (zur Rolle des DGB in den Verhandlun­gen um die Europäisch­e Gemeinscha­ft für Kohle und Stahl, auch Montanunio­n genannt, 1950/51), von Sascha Kristin Futh (zum Kampf der Gewerkscha­ften um den arbeitsfre­ien Samstag in den 50erJahren) und von Jan Hansen (zum Streit um die Nachrüstun­g und die Rüstungsko­nversion in den Gewerkscha­ften um 1979 bis 1983).

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