Frauenprotest
Es ist erfreulich, dass auch in der zweiten Ausgabe der historischen Fachzeitschrift »Arbeit – Bewegung – Geschichte« die Protestproblematik nicht aus dem Blick verloren wird. So be-fassen sich hier Irena Selišnik, Ana Cergol Paradiž und Žiga Koncilija von der Universität Lubljana mit den wenig bekannten Frauenprotesten in den slowenischsprachigen Regionen Österreich-Ungarns vor dem und während des Ersten Weltkrieges. Ähnlich wie in Frankreich, Deutschland, Russland und in den USA seien jene spontanen wie auch organisierten Demonstrationen vor allem von Angehörigen der unteren sozialen Klassen getragen worden. Die Autoren heben die starke Unterstützung der Frauen beim Generalstreik der Heizer des Österreichischen Lloyds in Triest im Februar 1902 sowie die mutige massenhafte Beteiligung an den sogenannten »moti del pane« (Brotunruhen) in der Hafenstadt im April 1915 sowie bei den Antikriegskundgebungen in den ersten Monaten des Jahres 1918 in Lubljana hervor; letztere führten zu Massenverhaftungen und etlichen Gerichtsverhandlungen. Unter dem Eindruck der russischen Oktoberrevolution 1917 und bestärkt durch eine zu neuem Selbstbewusstsein gelangte Arbeiterbewegung forderten die Frauen nicht mehr nur eine bessere Versorgungslage, sondern explizit die Beendigung des Krieges und einen Frieden, der das Selbstbestimmungsrecht und die Gleichheit der Nationen garantiert, sowie das aktive und passive Wahlrecht auch für sie selbst.
Holger Szitrich-Stahl untersucht die zwischen grundsätzlicher Ablehnung und vorsichtiger Realpolitik gekennzeichnete schwankende Haltung der deutschen Sozialdemokratie bei der Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuches 1896. Und Jürgen Schmidt widmet sich dem Beziehungsgeflecht von Arbeit und Nicht-Arbeit in der polynesischen Südseeinsel und deutschen Kolonie Samoa im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Eine erfolgreiche Bilanz des 25jährigen Wirkens des in Berlin ansässigen Förderkreises Archive und Bibliotheken zur Geschichte der Arbeiterbewegung vermittelt Günter Benser, einer der Mitbegründer und langjähriger Vorsitzender sowie Herausgeber der »Mitteilungen« des gemeinnützigen Vereines. Mit der Geschichte des DGB in der alten Bundesrepublik beschäftigen sich die Beiträge von Severin Cramm (zur Rolle des DGB in den Verhandlungen um die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, auch Montanunion genannt, 1950/51), von Sascha Kristin Futh (zum Kampf der Gewerkschaften um den arbeitsfreien Samstag in den 50erJahren) und von Jan Hansen (zum Streit um die Nachrüstung und die Rüstungskonversion in den Gewerkschaften um 1979 bis 1983).