Front gegen Merkel – von FPÖ bis CSU
Nach Ansbach prasselt Kritik auf die Kanzlerin ein – auch der Koalitionsstreit könnte wieder aufflammen
Rechtspopulisten dichten Merkel nach dem Gewaltgeschehen der vergangenen Tage »blutige Hände« an. Aber auch Partner der Kanzlerin nutzen die Situation zur Profilierung. Nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten Sprengstoffanschlag von Ansbach am Sonntagabend wird weiterhin ermittelt. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) machte am Mittwoch neue Ansätze öffentlich: Demnach soll der Täter bis kurz vor der Explosion seines Sprengsatzes einen »intensiven Chat« mit einer unbekannten Person geführt haben, die so womöglich das Anschlagsgeschehen beeinflusst habe.
Ob dem tatsächlich so war, wer sich hinter diesem Kontakt verbarg, seit wann derselbe bestand – all das werden die Ermittlungen herauszuarbeiten haben. Politisch ist das Resultat dagegen schon klar: Hämisch schieben Europas Rechte und Rechtsradikale den Anschlag Angela Merkel in die Schuhe – obwohl, soweit man weiß, der Attentäter vor dem vergangenen Spätsommer ins Land kam, als die Kanzlerin unter dem Druck einer humanitären Notlage zeitweise die Grenze für Flüchtlinge faktisch öffnete.
Diese Front beginnt bei aufstrebenden Rechtspolitikern wie Geert Wilders in den Niederlanden, dem zurückgetretenen britischen UKIP-Chef Nigel Farage oder der französischen Front National. Wilders verbreitete eine geschmacklose Fotomontage, die Merkel mit blutigen Händen zeigt, Farage nannte Merkels Flüchtlingspolitik des Vorjahres die schlechteste Entscheidung eines europäischen Politikers seit 1945; auch die Front National stellt derartige Zusammenhänge her. Und Heinz-Christian Strache, Chef der FPÖ, die bei der Wiederholung der Bundespräsidentenwahl auf einen Sieg in Wien hofft, verkündet: »Der Terror in Europa zeigt, dass wir eine andere Ausländerpolitik brauchen. Die Politik der offenen Grenzen und der falschen Toleranz muss beendet werden.«
Ähnlich tun sich die Rechtsregierungen in Warschau und Budapest hervor. Ungarns Regierungschef Viktor Orban mobilisiert derzeit zu seinem Referendum gegen eine europaweite Verteilung von Flüchtlingen; schon früher hatte er in diesem Zusammenhang von einer »Verteilung des Terrors« gesprochen. In Warschau verlautbart Innenminister Mariusz Blaszczak, solche Vorkommnisse seien »das Resultat von Multikultipolitik«.
In Deutschland fordert AfD-Vize Alexander Gauland ein Asylmoratorium gegen Muslime; Grünenchefin Simone Peters nannte dies »verfassungsfeindlich«. Aber auch der gerade befriedete Koalitionsstreit scheint wieder auf- zuflammen. Aus der CSU wird unter anderem gefordert, auch über Abschiebungen in Krisengebiete nachzudenken. Auch Unionsfraktionschef Volker Kauder will Straftäter »schneller verurteilt« und »abgeschoben« sehen – »wo dies rechtlich möglich ist«. Die SPD-Rechtspolitikerin Eva Högl nannte Abschiebungen in Krisengebiete »unsinnig« und betonte, solche Forderungen seien rechtswidrig.