»Samstags gehört Vati mir!«
Seit Jahrzehnten kämpfen deutsche Gewerkschafter für kürzere Arbeitszeiten
»Samstags gehört Vati mir!« – unter diesem Slogan kämpften die westdeutschen Gewerkschaften seit 1956 für ein arbeitsfreies Wochenende und die 40-StundenWoche. Im Wirtschaftswunderland war es damals üblich, auch am Sonnabend zu arbeiten. Viele Beschäftigte waren mehr als 50 Stunden pro Woche in ihrem Betrieb. Die Arbeitgeber wollten anfangs keine Zugeständnisse machen und argumentierten, wie der damalige VW-Chef Heinrich Nordhoff, ihre Arbeiter wüssten doch mit ihrer freien Zeit nichts Gescheites anzustellen. Doch der Druck zeigte Wirkung: Ab 1959 wurde die Fünftage-Woche eingeführt: Zuerst im Steinkohlebergbau, später bei Banken und Versicherungen, erst 1969 auch im Druckgewerbe. Die 40-StundenWoche kam später und setzte sich ab 1965 sukzessive in den Branchen durch.
Die Arbeitszeitverkürzung habe »das Land nachhaltig verändert«, meinte die ehemalige Korrespondentin der »Frankfurter Rundschau«, Renate FaerberHusemann einmal im »Deutschlandfunk«. Sie verwies in diesem Zusammenhang auch auf eine Kampagne für die Frauenarbeit, die eine direkte Folge der Arbeitszeitverkürzung bei den Männern gewesen sei. »Teilzeitarbeit der Ehefrau wurde geadelt als ein Stück Selbstverwirklichung. Bis dato galt sie noch als eine Tätigkeit, die ihren Mann vor allem in Arbeiterkreisen verlegen machte, weil er seinen Stolz daraus zog, alleiniger Ernährer der Familie zu sein«, so Faerber-Husemann.
In den 80er Jahren forderte die IG Metall die Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 40 auf 35 Stunden – bei vollem Lohnausgleich. Das neue Motto: »Mehr Zeit zum Leben, Lieben, Lachen«. Nach heftigen Arbeitskämpfen mit wochenlangen Streiks gaben die Bosse nach, aber nur schrittweise. Erst seit 1995 ist die 35Stunden-Woche gültig.
Auch heute ist der Wunsch nach mehr Freizeit bei vielen Arbeitnehmern stark, wie eine aktuelle Untersuchung der gewerkschaftsnahen Hans-BöcklerStiftung belegt. Demnach würde rund 40 Prozent der Befragten am liebsten kürzer arbeiten. Für Mehrarbeit konnten sich nur etwa zwölf Prozent erwärmen. Überwiegend Frauen, die bisher nur 20 Stunden pro Woche oder weniger tätig waren. Reduzieren wollten hingegen meist Männer, die mehr als 40 Stunden pro Woche ihrem Beruf nachgingen.
Der Untersuchung zufolge gelingt es aber nicht einmal jedem zweiten Beschäftigten, seine Wunscharbeitszeit innerhalb von drei Jahren umzusetzen – sei es auf seiner aktuellen Stelle, durch eine neue Position im Unternehmen oder einen Wechsel des Arbeitgebers. Von denjenigen, die im Jahr 2011 angaben, deutlich kürzer arbeiten zu wollen, hätten bis 2014 nur rund 40 Prozent ihre Arbeitszeit um mindestens drei Stunden reduzieren können. Von denen, die 2011 gern mehr arbeiten wollten, erreichten 44 Prozent bis 2014, wenigstens um drei Stunden aufzustocken.