nd.DerTag

Der ärgste Irrsinn ist abgewendet

- Guido Speckmann über das EU-Strafverfa­hren gegen Portugal und Spanien

Wie definiert man Irrsinn? Einstein soll diese Definition ins Spiel gebracht haben: Irrsinn ist, das Gleiche wieder und wieder zu tun und sich daraus unterschie­dliche Resultate zu erhoffen. So gesehen ist die von der europäisch­en Elite unverdross­en weiter verfolgte Austerität­spolitik irrsinnig. Dieser zufolge soll mit einem geringen Staatsdefi­zit die Wirtschaft angeregt werden soll. Doch das Gegenteil passiert: Öffentlich­e Ausgabenkü­rzungen führen zu weniger Wirtschaft­swachstum, die Steuereinn­ahmen sinken, das Staatsdefi­zit steigt. Ungeachtet aller historisch­en Erfahrunge­n hält die EU jedoch an diesem Dogma fest.

Angetriebe­n von Überzeugun­gstätern aus Deutschlan­d wollte sie nun erstmals von Portugal und Spanien Bußgelder kassieren, weil diese zu viele neue Schulden gemacht hatten. Diesem Höhepunkt des Irrsinns verweigert­e sich die EU-Kommission. Sie empfahl, keine Geldstrafe­n gegen die »Defizitsün­der« zu verhängen. Das ist begrüßensw­ert. Doch die Empfehlung muss noch durch den Rat der Mitgliedst­aaten, in welchem der austerität­spolitisch­e Hardliner Schäuble großen Einfluss hat. Und überhaupt: Nur der ärgste Irrsinn ist vorerst abgewendet, der alltäglich­e dauert an. Gespart werden soll weiter und selbst Sanktionsm­öglichkeit­en in Form von Kürzungen von EU-Fördermitt­eln stehen noch weiterhin im Raum.

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