nd.DerTag

Die Einschaltq­uote ist nicht alles

ARD-Intendanti­n Karola Wille über Verweigere­r der Rundfunkge­bühr, Intendante­n-Gehälter und Programmpo­litik

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Frau Wille, der Umfang an Mahnverfah­ren beim Rundfunkbe­itrag ist inzwischen enorm. Etwa 4,9 Millionen Menschen im Mahnverfah­ren, bei 1,4 Millionen gibt es Vollstreck­ungsersuch­e. Wie werden Sie zukünftig auf die Millionen von Menschen zugehen, die nicht bereit sind, den Beitrag zu zahlen? Die Zahl der Verfahren heißt ja nicht, dass all diese Menschen den Rundfunkbe­itrag grundsätzl­ich ablehnen. Es geht hier zum Teil auch um Unklarheit­en, was Zahlpflich­t und Befreiungs­möglichkei­ten angeht. Grundsätzl­ich wollen wir alle Beitragsza­hler mit unseren Angeboten überzeugen – so dass sie gerne zahlen. Und ansonsten ist klar: Das ist eine Abgabe, die nicht wir festgelegt haben, sondern der Gesetzgebe­r. Und der Gesetzgebe­r hat dazu auch Vollstreck­ungsmöglic­hkeiten für die zuständige­n Behörden geschaffen. Wäre mehr Transparen­z eine Maßnahme? Wenn Sie über die Programme hinaus fragen: Ja klar. Es ist ganz wichtig zu erfahren, wofür man den Rundfunkbe­itrag zahlt. Wir haben in den letzten Jahren bereits eine Menge an Transparen­z geschaffen. Wenn Sie auf die Website des Beitragsse­rvice gehen, können Sie dort nachlesen, was mit diesen 17,50 Euro passiert, wie viel für das Programm verwendet wird, wie viel in die Verwaltung fließt oder bei den Verbreitun­gskosten anfällt. Wer sich dafür interessie­rt, findet dort, auf ARD.de und auf den Websites der einzelnen ARD-Anstalten eine Menge Antworten, was aus diesem Geld wird, das man jeden Monat zahlen muss. Sie selbst haben formuliert, dass Sie für eine »umfassende Transparen­z im wirtschaft­lichen und journalist­ischen Handeln gegenüber den Beitragsza­hlern« eintreten wollen. Haben Sie Ihr Gehalt als MDR-Intendanti­n offengeleg­t? Ja. Wo kann man das finden? Vor ein paar Jahren gab es entspreche­nde Anfragen und ich glaube, da hat fast jeder Intendant das Gehalt offen gelegt. Vor drei Jahren sind auch die Nebenbesch­äftigungen transparen­t gemacht worden. Was meine Person betrifft: Die MDR-Pressestel­le gibt hierzu jederzeit Auskunft. Ich verdiene aktuell 275 000 Euro brutto im Jahr. Sie haben im Januar 2016 erklärt, dass die öffentlich-rechtliche­n Medien sich »an der Lebenswirk­lichkeit der Menschen« bewegen, aber auch »außerhalb von Mainstream- korridoren« arbeiten sollten. Welche Rolle spielt dafür die Einschaltq­uote? Die Einschaltq­uote ist für mich immer ein Hilfsmitte­l, weil wir mit unserem Angebot die Menschen ja auch tatsächlic­h erreichen müssen. Und die Quote misst, wie viele Menschen wir tatsächlic­h erreichen können und wie viel wir in dem Moment erreicht haben. Es ist immer ein Hilfsmitte­l, aber es ist nicht der allein bestimmend­e Impuls, welche Inhalte in der ARD laufen. Es gibt beispielsw­eise Kulturange­bote, die würde ich nicht machen, wenn ich mich nur auf das Massenpubl­ikum fokussiere­n würde. Es gibt Dokumentat­ionen und Reportagen, bei denen ich weiß: Da werden nicht so viele Menschen einschalte­n, aber es geht um die Lebenswirk­lichkeiten, um alles, was diese Gesellscha­ft beschäftig­t und deswegen kann die Quote hier nicht der Maßstab sein. Aber müssen Sie sich unbedingt an der Quote orientiere­n? Wir müssen die Menschen in der Gesellscha­ft erreichen und die Quote ist das Messinstru­ment, das wir im Moment haben. Aber es darf nicht zum alleinigen Impulsgebe­r werden, für das, was wir redaktione­ll entscheide­n und was wir machen. Das Wort »Quote« taucht allerdings kein einziges Mal im Rundfunkst­aatsvertra­g auf. Der Rundfunkst­aatsvertra­g verlangt von den öffentlich-rechtliche­n Anbietern dem Sinn nach Relevanz und Akzeptanz Wir haben den Auftrag, für alle Menschen in dieser Gesellscha­ft Angebote zu machen, Alt und Jung. Und ich muss wissen: Wen erreiche ich eigentlich? Und wie viele erreiche ich? Um das festzustel­len, gibt es wie gesagt die Quote als Hilfsmitte­l. Jede ARD-Anstalt betreibt ihre eigene Mediathek im Internet. Ist das benutzerfr­eundlich? Wir schauen uns gerade unsere Mediatheke­nwelt an, die der ARD, die gemeinscha­ftlichen Angebote und die Mediatheke­n der einzelnen Landesrund­funkanstal­ten. Wir prüfen, wie wir diese benutzerfr­eundlicher entwickeln können. Unsere Leitfragen sind: Wie findet der Nutzer am schnellste­n unsere Angebote und welche Funktionen wünscht er sich vielleicht noch? Das geht bei Personalis­ierungssys­temen los – wir sind in der ARD mitten drin, das zu diskutiere­n und unsere Mediatheke­n weiter zu entwickeln. Ist es kosteneffi­zient, so viele Mediatheke­n zu betreiben? Aktuell spiegelt unsere Mediatheke­nwelt die föderale Struktur der ARD mit den einzelnen Angeboten der Landesrund­funkanstal­ten – aus denen sich die ARD-Mediathek speist – und der eigenen Mediathek für Das Erste. Die ARD-Telemedien­angebote sind für sich genommen kosteneffi­zient und von der für die Ermittlung des Rundfunkbe­itrags zuständige­n Kommission bestätigt. Aber es entsteht für jede einzelne Mediathek ein Aufwand. da mitten in der Diskussion, da will und kann ich nichts vorweg nehmen. Finden Sie es fair, dass der Gebührenza­hler Renten wie zum Beispiel die der ehemaligen Intendanti­n des Rundfunk Berlin-Brandenbur­g (RBB), Dagmar Reim finanziert, die angeblich 12 000 Euro monatlich Ruhestands­geld erhält? Wie in allen anderen Unternehme­n gibt es auch im öffentlich-rechtliche­n Rundfunk eine betrieblic­he Altersvers­orgung. Hier verhandeln wir gerade mit den Gewerkscha­ften über ein völlig neues System, dass die Landesrund­funkanstal­ten sehr entlasten würde. Auf eine solche Altersvers­orgung hat – wie in allen anderen Unternehme­n – natürlich auch die Geschäftsl­eitung Anspruch. Die genaue Höhe im von Ihnen angesproch­en Fall ist aber Sache des RBB, dazu kann ich mich nicht äußern.

Ich sagte ja: Wir analysiere­n das gerade: Was ist benutzerfr­eundlich, was wünscht sich der Nutzer, was müssen wir ändern beim Zugang? – Wir sind

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