nd.DerTag

Doch keine Pflugschar­en

Rüstungsko­nversion – die Debatte stagniert

- Von Kerstin Ewald

Wie begegnet man Hochrüstun­g und Militarisi­erung? Immer ist da auch die Frage nach einem Ausweg, nach dem Umgang mit den vorhandene­n Kapazitäte­n, dem wirtschaft­lichen Gewicht der Rüstungsin­dustrie und nach Arbeitsplä­tzen. Die klassische Antwort der Friedensbe­wegung lautet: Konversion. Mit diesem Thema, also der sukzessive­n Umstellung von Rüstungsbe­trieben auf zivile Fertigung, befasste sich auch eine Arbeitsgru­ppe beim Sommercamp »war-starts-here«, das die Friedensre­iter streiften.

Das friedenspo­litische Zeltlager unweit dem Gefechtsüb­ungszentru­m »Schnöggers­burg« setzte sich in einer Arbeitsgru­ppe mit den Positionen der Gewerkscha­ft IG Metall zur Rüstungsko­nversion auseinande­r. Denn um eine zivile Transforma­tion der Rüstungsin­dustrie durchzuset­zen, sei die IG Metall ein äußerst wichtiger Akteur, begründete Katharina Blume von der Sozialisti­schen Deutschen Arbeiterju­gend (SDAJ).

Tatsächlic­h hat sich der letzte ordentlich­e Gewerkscha­ftstag im Oktober ausführlic­h mit dem Thema befasst. 18 Anträge hatten Delegierte eingereich­t, mit denen sie Rüstungsko­nversion in verschiede­nen Ausprägung­en forderten. Zur Ächtung von Waffenexpo­rten konnte sich der Gewerkscha­ftstag freilich nicht durchringe­n. Immerhin sprechen sich die Metallgewe­rkschafter für die sukzessive Umstellung von Rüstungsbe­trieben auf zivile Fertigung aus – in kleinen Schritten. Damit steht die sogenannte Rüstungsko­nversion wieder im Programm der IGM. Der Vorstand ist nun angehalten, bei der Regierung auf einen Investitio­nsfonds zu drängen, aus dem die Rüstungsin­dustrie schöpfen kann, um ihre Angebot hin zu zivilen Produkten zu diversifiz­ieren. Auch die wehrtechni­sche Industrie soll einen Diversifik­ationsfond einrichten, bei dem Betriebsrä­te und IGM antragsber­echtigt sein sollen. Die IGM selbst will einen Leitfaden zum Thema verfassen.

Damit ist das Konzept noch nicht zu jener Blüte zurückgeke­hrt, die es zu Zeiten des Kalten Krieges entfaltete. Katharina Blume spricht von einem »starken Aufweichen« früherer Positionen. Anfang der 80er Jahre arbeiteten zwei Kommission­en unter der Leitung von Ex-Bundeskanz­ler Willi Brandt beziehungs­weise Olof Palme, später ermordeter zweimalige­r schwedisch­er Ministerpr­äsident, zu diesem Thema und prangerten die horrenden Rüstungsau­sgaben an. Die Debatte in den Gewerkscha­ften wurde ungleich leidenscha­ftlicher geführt als heute. Menschen in der DDR bewegte der Leitspruch »Schwerter zu Pflugschar­en«.

Die SDAJ jedenfalls will an dem ursprüngli­chen konsequent­en Verständni­s der Rüstungsko­nversion festhalten. Katharina Blume: Zum einen fehlten die Rüstungsge­lder, etwa in der Ausstattun­g von Schulen. Und: »Mit der Produktion und dem Export von militärisc­hem Material steigt außerdem unser eigenes Risiko, in einen Krieg verwickelt zu werden.«

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