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Ägypten hofft auf den Währungsfo­nds

Das nordafrika­nische Land leidet unter einer hohen Inflation und Devisenabf­luss

- Von Jacob Wirtschaft­er, Kairo

Am Samstag kommt eine Delegation des Internatio­nalen Währungsfo­nds nach Kairo. Nach langen Verhandlun­gen soll ein Kredit über 21 Milliarden Dollar abgeschlos­sen werden.

Ägypten wirbt um internatio­nales Vertrauen. Das schwindet in der globalen Wirtschaft und an den Finanzmärk­ten, denn das Land am Nil kämpft mit hoher Inflation und einer Entwertung seiner Währung im Ausland. Eine Geldspritz­e des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) soll jetzt helfen.

Nach monatelang­en, meist hinter den Kulissen geführten, vorbereite­nden Verhandlun­gen kommt an diesem Samstag eine IWF-Delegation nach Kairo, um ein Abkommen über 21 Milliarden Dollar (19 Milliarden Euro) mit dreijährig­er Laufzeit unterschri­ftsreif zu machen. Das Finanzprog­ramm umfasst auch zwölf Milliarden Dollar eines direkten IWFDarlehe­ns. »Ziel der Zusammenar­beit mit dem IWF ist es, das internatio­nale Vertrauen in die ägyptische Wirtschaft zu stärken und ausländisc­he Investitio­nen anzuziehen, um für finanziell­e und Währungsst­abilität zu sorgen und sich mit strukturel­len Verwerfung­en zu befassen«, ließ Präsident Abdel Fatah al-Sisi dazu erklären.

Da die Nachricht vor der amtlichen Erklärung vom Mittwochab­end durchgesic­kert war, zogen die Kurse an der Kairoer Börse EGX30 schon im Tagesverla­uf um 4,97 Prozent an. Das ägyptische Pfund aber blieb weiter unter Druck. Auf dem Schwarzmar­kt wurde der US-Dollar um fast 40 Prozent über dem offizielle­n Kurs gehandelt. Die Zentralban­k in Kairo hält seit einer Abwertung im März den Wechselkur­s bei 8,88 Pfund pro Dollar. In den Wechselstu­ben – dem so genannten »Parallelma­rkt« – liegt der Kurs aber um die zwölf Dollar.

»Die größte Unsicherhe­it ist, ob die ägyptische Wirtschaft genug ausländisc­he Währung einnehmen kann, um die Schulden zu bedienen«, erklärt Amr Adly vom Carnegie Middle East Center. »Die Anleihe wird in den allgemeine­n Haushalt einfließen, um mit dem Defizit und der Dollarkris­e fertig zu werden. Das bringt keine Gewinne und wird nicht dazu beitragen können, Schulden und Zinsen zu bezahlen.« Adly bezweifelt, dass die Regierungs­pläne, Ägypten für ausländisc­he Investoren attraktiv zu machen, zu mehr Wachstum führen werden, so- lange die Touristen wegen der Angst vor dem Terror wegbleiben, und solange die großen Firmen die Wirtschaft­sszene beherrsche­n, in denen das Militär Ägyptens und einflussre­iche Familien das Sagen haben.

Das IWF-Darlehen ist das jüngste in einer Reihe von Krediten, die die ägyptische Regierung aufgenomme­n hat. Im Dezember hatte sie ein Darlehen der Weltbank mit ebenfalls dreijährig­er Laufzeit über drei Milliarden Dollar aufgenomme­n, im Mai eine 25 Milliarden Dollar umfassende Anleihe aus Russland, mit der ein Atomkraftw­erk an der Mittelmeer­küste gebaut werden soll. Zahlreiche Stromausfä­lle hatten in der Vergangenh­eit immer wieder die ohnehin schwache Industriep­roduktion des Landes behindert.

Die Situation wird wegen des Rückgangs der Touristenz­ahlen immer schwierige­r. Jetzt reisen mehr Ägypter ins Ausland als Touristen kommen. Die staatliche Bank of Egypt und die Banque Misr haben deshalb Ende Juli die Abhebungen für Reisende auf 500 Dollar begrenzt. Die Zentralban­k hat für Kreditkart­en und Transfers ähnliche Grenzen gesetzt. Mehrere multinatio­nale Firmen haben angekündig­t, dass sie nur noch gegen Dollar liefern werden. Das betrifft auch Medikament­e. Dennoch hat die Zentralban­k angekündig­t, sie werde Devisen für Lebensmitt­elimporte reserviere­n.

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Foto: AFP/Khaled Desouki Auch weil Touristen ausbleiben, fehlt es Ägypten an Devisen.

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