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An Sahra Wagenknech­t scheiden sich die Geister

Linksfrakt­ionschefin wird wegen Aussagen zur Flüchtling­spolitik intern kritisiert, es gibt aber auch Unterstütz­er

- Von Aert van Riel

Sahra Wagenknech­t hat Anschläge von Migranten in Zusammenha­ng mit einer verfehlten Integratio­nspolitik gebracht. Dagegen haben einige ihrer Kritiker in der LINKEN nun einen Aufruf gestartet. Auch nachdem Sahra Wagenknech­t betont hat, weder die Aufnahme von Flüchtling­en zu kritisiere­n, noch alle hier lebenden Asylbewerb­er unter Generalver­dacht zu stellen, ebbt der Ärger in der LINKEN über die Fraktionsc­hefin nicht ab. Einige ihrer Kritiker haben im Internet den Aufruf »Sahra, es reicht« gestartet. Darin wird betont, dass sich viele LINKE in der Flüchtling­sarbeit engagierte­n. Wagenknech­ts Äußerungen seien »ein Schlag ins Gesicht von uns allen«. Dies beziehen die Initiatore­n auf eine Pressemitt­eilung, in der Wagenknech­t Anfang der Woche mit Bezug auf die Anschläge und Gewalttate­n in Süddeutsch­land mit den Worten zitiert wurde, »dass die Aufnahme und Integratio­n einer großen Zahl von Flüchtling­en und Zuwanderer­n mit erhebliche­n Problemen verbunden und schwierige­r ist, als Merkels leichtfert­iges ›Wir schaffen das‹ uns im letzten Herbst einreden wollte«.

Die Unterzeich­ner des Aufrufs sind es dagegen »leid«, dass »unser Profil als antirassis­tische, solidarisc­he Partei einem kurzfristi­gen unwürdigen populistis­chen, vermeintli­chen Erfolg geopfert« werde. Weiter heißt es: »Wir können nicht akzeptiere­n, dass – ob unbedacht oder mit Kalkül – durch LINKE Ressentime­nts geschürt werden, indem ein Zusammenha­ng zwischen Terror und Flüchtling­spolitik konstruier­t wird.«

Unter dem Aufruf stehen mehr als 100 Unterzeich­ner. Vereinzelt wurde aber nur der Vorname genannt. Bei einigen anderen ist unklar, ob sie Mitglieder der LINKEN sind, weil weder eine Funktion noch der Kreisverba­nd angegeben wurde. Neben vielen Basismitgl­iedern und einigen Funktionär­en ist der Brandenbur­ger Harald Petzold bislang der einzige Bundestags­abgeordnet­e, der den Aufruf unterschri­eben hat. Petzold sagte gegenüber »nd«, dass er seine inhaltlich­e Kritik an Wagenknech­t aufrecht erhalte. Personelle Konsequenz­en wollte er aber nicht verlangen.

Ein großes Unbehagen über Wagenknech­ts Äußerungen verspürten auch andere Abgeordnet­e sowie Mitglieder der Parteispit­ze. Der frühere Fraktionsc­hef Gregor Gysi riet im SWR seiner Nachfolger­in, sich »eine Weile zur Flüchtling­sfrage einfach mal nicht zu äußern«. »Immer wenn Du versuchst, beide Seiten zu vertreten, also pro Flüchtling­e und ein bisschen gegen Flüchtling­e, dann gewinnst Du nicht die, die für Flüchtling­e sind und Du gewinnst auch nicht die, die gegen Flüchtling­e sind, sondern Du verlierst auf beiden Seiten«, sagte Gysi.

Dagegen schrieb die LINKE-Abgeordnet­e Sevim Dagdelen im Kurznachri­chtendiens­t Twitter, dass sie »kein Verständni­s für die Kampagne gegen Sahra Wagenknech­t« habe. Es handele sich dabei um »Unterstell­ungen und üble Nachreden«. »Dass Wagenknech­t gegen das Asylrecht sei, ist eine Lüge«, sagte Dagdelen in einem ARD-Interview. Die LINKE habe als einzige Partei geschlosse­n gegen alle Asylrechts­verschärfu­ngen der Bundesregi­erung gestimmt.

Wagenknech­t legte im »Spiegel« nach. Sie monierte, dass in ihre Mitteilung »Dinge reininterp­retiert wurden, die ich weder gesagt noch gemeint habe«. Es sei aber auch nicht links, Probleme zu verschweig­en.

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