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Signale aus der Wüste

Im Nahostkonf­likt sucht Saudi-Arabien seine aktuelle Rolle – und nähert sich Israel an

- Von Oliver Eberhardt

Saudi-Arabien hat scharfe Kritik an der palästinen­sischen Haltung im Konflikt mit Israel geübt. Gleichzeit­ig nähern sich das Königreich und der jüdische Staat weiter an. Er könne nicht erkennen, dass die Palästinen­ser bereit seien, die für einen »nachhaltig­en Frieden« mit Israel notwendige­n Kompromiss­e einzugehen, sagte der saudische Verteidigu­ngsministe­r Mohammad bin Salman al-Saud in einem Interview mit der saudischen Zeitung »Aschark alAwsat«. »Gruppen wie Hamas oder Islamische­r Staat hängen der Fantasie nach, dass sie ganz Palästina vom Jordan bis ans Mittelmeer kontrollie­ren können, und verhindern damit, dass ein palästinen­sischer Staat entstehen kann.«

Mit Nachdruck versucht die saudische Regierung zurzeit, die damals von ihr angestoßen­e arabische Friedensin­itiative aus dem Jahr 2002 wiederzube­leben. Diese sieht vor, dass die arabischen Staaten Israel anerkennen, wenn sich der jüdische Staat aus allen 1967 besetzten Gebieten zurückzieh­t. In der Vergangenh­eit lehnten israelisch­e Regierunge­n den Plan ab; heute gilt er in der Regierung von Benjamin Netanjahu als willkommen­e Alternativ­e zu einer Initiative Frankreich­s, die vorsieht, den Konfliktpa­rteien einen Zeitplan vorzuschre­iben.

Aber: Netanjahu fordert auch Änderungen; so komme ein Rückzug von den Golanhöhen vor dem Hintergrun­d des Syrien-Krieges nicht in Frage. Außerdem müsse über die großen Siedlungsb­löcke verhandelt werden. Die Hamas, die den Gaza-Streifen regiert, lehnt die Initiative indes vollständi­g ab – und ruft damit nicht nur in Saudi-Arabien, sondern auch in Ägypten und in Katar, wo das Politbüro der Hamas sitzt, mittlerwei­le große Frustratio­nen hervor.

Mitarbeite­r von Palästinas Präsident Mahmud Abbas berichten, die drei Staaten würden mittlerwei­le immensen Druck ausüben. Fatah und Hamas müssten nun endlich klären, wer im Gaza-Streifen das Sagen hat. Katar erklärte sich, mit Zustimmung Israels, dazu bereit, die Löhne der öffentlich­en Dienste im Gaza-Streifen zu zahlen. Gleichzeit­ig stellte man aber auch die Präsenz des Hamas-Politbüros in Doha infrage: Bedingung für dessen Duldung sei, dass die Hamas »konstrukti­v zur Lösung des regionalen Konflikts beiträgt«, so die Nachrichte­nagentur QNA.

Gleichzeit­ig nähern sich die Staaten auf der arabischen Halbinsel und Israel einander an. So besuchten Anwar Eschki, ein ehemaliger General der saudischen Streitkräf­te, und eine Delegation aus saudischen Akademiker­n und Wirtschaft­sbossen Israel. Im sorgsam abgestimmt­en Terminkale­nder standen auch Treffen mit Politikern der israelisch­en Opposition sowie mit Dore Gold, dem Generaldir­ektor des Außenminis­teriums, und mit Generalmaj­or Joaw Mordechai, dem Militärkoo­rdinator in den palästinen­sischen Gebieten. Offiziell handelte es sich dabei um einen pri- vaten Besuch. Doch Eschki, der heute als Akademiker tätig ist, berät auch König Salman in strategisc­hen und außenpolit­ischen Fragen. Ein Friedensve­rtrag zwischen beiden Ländern könne erst nach einer Einigung mit den Palästinen­sern unterzeich­net werden, sagte Eschki. Aber sowohl er als auch der Verteidigu­ngsministe­r sagen offen, dass sich das ändern könnte, falls die Hamas eine Einigung blockieren sollte.

Dass Saudi-Arabien derzeit sowohl die Annäherung an Israel als auch den Friedenspr­ozess forciert, liegt vor allem am Atomabkomm­en mit Iran. Iran arbeite daran, die Staaten auf der arabischen Halbinsel zu destabilis­ieren, erklärte der saudische Verteidigu­ngsministe­r Mohammad bin Salman al-Saud mehrmals und betonte die gemeinsame­n Interessen seines Landes und Israels. Eschki fügte in einem Interview hinzu, der israelisch-palästinen­sische Konflikt diene Iran als Rechtferti­gung dafür, Gruppen wie die Hisbollah und die Hamas zu unterstütz­en.

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