Signale aus der Wüste
Im Nahostkonflikt sucht Saudi-Arabien seine aktuelle Rolle – und nähert sich Israel an
Saudi-Arabien hat scharfe Kritik an der palästinensischen Haltung im Konflikt mit Israel geübt. Gleichzeitig nähern sich das Königreich und der jüdische Staat weiter an. Er könne nicht erkennen, dass die Palästinenser bereit seien, die für einen »nachhaltigen Frieden« mit Israel notwendigen Kompromisse einzugehen, sagte der saudische Verteidigungsminister Mohammad bin Salman al-Saud in einem Interview mit der saudischen Zeitung »Aschark alAwsat«. »Gruppen wie Hamas oder Islamischer Staat hängen der Fantasie nach, dass sie ganz Palästina vom Jordan bis ans Mittelmeer kontrollieren können, und verhindern damit, dass ein palästinensischer Staat entstehen kann.«
Mit Nachdruck versucht die saudische Regierung zurzeit, die damals von ihr angestoßene arabische Friedensinitiative aus dem Jahr 2002 wiederzubeleben. Diese sieht vor, dass die arabischen Staaten Israel anerkennen, wenn sich der jüdische Staat aus allen 1967 besetzten Gebieten zurückzieht. In der Vergangenheit lehnten israelische Regierungen den Plan ab; heute gilt er in der Regierung von Benjamin Netanjahu als willkommene Alternative zu einer Initiative Frankreichs, die vorsieht, den Konfliktparteien einen Zeitplan vorzuschreiben.
Aber: Netanjahu fordert auch Änderungen; so komme ein Rückzug von den Golanhöhen vor dem Hintergrund des Syrien-Krieges nicht in Frage. Außerdem müsse über die großen Siedlungsblöcke verhandelt werden. Die Hamas, die den Gaza-Streifen regiert, lehnt die Initiative indes vollständig ab – und ruft damit nicht nur in Saudi-Arabien, sondern auch in Ägypten und in Katar, wo das Politbüro der Hamas sitzt, mittlerweile große Frustrationen hervor.
Mitarbeiter von Palästinas Präsident Mahmud Abbas berichten, die drei Staaten würden mittlerweile immensen Druck ausüben. Fatah und Hamas müssten nun endlich klären, wer im Gaza-Streifen das Sagen hat. Katar erklärte sich, mit Zustimmung Israels, dazu bereit, die Löhne der öffentlichen Dienste im Gaza-Streifen zu zahlen. Gleichzeitig stellte man aber auch die Präsenz des Hamas-Politbüros in Doha infrage: Bedingung für dessen Duldung sei, dass die Hamas »konstruktiv zur Lösung des regionalen Konflikts beiträgt«, so die Nachrichtenagentur QNA.
Gleichzeitig nähern sich die Staaten auf der arabischen Halbinsel und Israel einander an. So besuchten Anwar Eschki, ein ehemaliger General der saudischen Streitkräfte, und eine Delegation aus saudischen Akademikern und Wirtschaftsbossen Israel. Im sorgsam abgestimmten Terminkalender standen auch Treffen mit Politikern der israelischen Opposition sowie mit Dore Gold, dem Generaldirektor des Außenministeriums, und mit Generalmajor Joaw Mordechai, dem Militärkoordinator in den palästinensischen Gebieten. Offiziell handelte es sich dabei um einen pri- vaten Besuch. Doch Eschki, der heute als Akademiker tätig ist, berät auch König Salman in strategischen und außenpolitischen Fragen. Ein Friedensvertrag zwischen beiden Ländern könne erst nach einer Einigung mit den Palästinensern unterzeichnet werden, sagte Eschki. Aber sowohl er als auch der Verteidigungsminister sagen offen, dass sich das ändern könnte, falls die Hamas eine Einigung blockieren sollte.
Dass Saudi-Arabien derzeit sowohl die Annäherung an Israel als auch den Friedensprozess forciert, liegt vor allem am Atomabkommen mit Iran. Iran arbeite daran, die Staaten auf der arabischen Halbinsel zu destabilisieren, erklärte der saudische Verteidigungsminister Mohammad bin Salman al-Saud mehrmals und betonte die gemeinsamen Interessen seines Landes und Israels. Eschki fügte in einem Interview hinzu, der israelisch-palästinensische Konflikt diene Iran als Rechtfertigung dafür, Gruppen wie die Hisbollah und die Hamas zu unterstützen.