Der Osten bleibt bescheiden
In der 3. Liga gelten vor allem Vereine aus den alten Bundesländern als Favoriten – nur Chemnitz ist eine Ausnahme
In der vergangenen Saison dominierten die acht Ostvereine die 3. Liga: viele Derbys, viele Zuschauer, zwei Aufsteiger. In dieser Spielzeit bestimmen andere das Bild. Neue Saison, neue Spielklasse: Wenn die 3. Liga an diesem Wochenende in ihre neunte Spielzeit startet, dann unter veränderten Voraussetzungen. Das belegt schon die Wahl des Eröffnungsspiels durch den Deutschen Fußball-Bund (DFB). Am Freitagabend trafen die beiden Zweitligaabsteiger MSV Duisburg und SC Paderborn (n. Red.) aufeinander.
Seit 2008 ist der DFB bemüht, die 3. Liga als Erfolgsmodell zu verkaufen. Und dafür stellt der Verband regelmäßig die Aushängeschilder in den Schaukasten – das Eröffnungsspiel lief immerhin zur Primetime im WDR. Im vergangenen Jahr durften der 1. FC Magdeburg und Rot-Weiß Erfurt die Saison eröffnen, den Ligastart 2013 hatten der Hallesche FC und RasenBallsport Leipzig eingeläutet. Nun also Duisburg und Paderborn.
Statistisch bestimmen die Ostklubs noch immer die 3. Liga. Erfurt führt die ewige Tabelle an, der Chemnitzer Stürmer Anton Fink ist mit 101 Treffern Rekordtorschütze. Aber nach dem Aufstieg von Dynamo Dresden und Erzgebirge Aue sowie dem Abstieg des FC Energie Cottbus werden in dieser Spielzeit vermutlich Vereine aus den alten Bundesländern das Bild der Li- ga prägen. Die Trainer der 20 Drittligisten sehen Duisburg, Paderborn, Holstein Kiel, Preußen Münster und den VfL Osnabrück ganz vorn.
Der einzige Ostklub, der es vor Anpfiff in den Favoritenkreis geschafft hat, ist der Chemnitzer FC. In der DFB-Umfrage unter den Drittligatrainern wurden die Westsachsen am häufigsten als Aufstiegsanwärter genannt: 14 Mal. Die Gründe: Die Mannschaft, die in der vergangenen Saison eine starke Rückrunde gespielt hat, ist zusammengeblieben – und wurde zumindest auf den ersten Blick mit acht Neuzugängen und zwei Spielern aus dem eigenen Nachwuchs sinnvoll verstärkt.
Zudem spielen die Chemnitzer endlich in ihrem neuen Stadion, dass mit dem Eröffnungsspiel am 2. August gegen Borussia Mönchengladbach eingeweiht wird. Sportlich und infrastrukturell scheinen beim CFC die Voraussetzungen für einen Aufstieg geschaffen. Trainer Sven Köhler will vor dem Saisonstart dennoch keine konkrete Zielsetzung ausgeben, sondern »so schnell wie möglich 45 Punkte holen.« Wenn dieses Ziel erreicht sei, könne man sich immer noch neu orientieren.
Die Ansprüche der fünf anderen Ostklubs sind bescheiden. Der Hallesche FC will nach Rang 13 einen einstelligen Tabellenplatz erreichen. Hansa Rostock, in der vergangenen Spielzeit lange in den Abstiegskampf verwickelt, strebt laut Trainer Christian Brand eine »ruhigere Saison« an. Für Rot-Weiß Erfurt »geht es darum, den Klassenverbleib sicherzustellen«, sagte Coach Stefan Krämer. Die Magdeburger überraschten in der Vorsaison als Aufsteiger auf Platz vier. Beim FCM geht es nun darum, sich in der Liga zu etablieren. Vollkommen neu ist die Spielklasse für den FSV Zwickau. Mit dem Aufstieg aus der Regionalliga hat es der Verein nach 16 Jahren endlich wieder in die Drittklassigkeit geschafft. »Es ist uns gelungen, die Menschen aufzuwecken und wieder mehr wahrgenommen zu werden«, berichtet Trainer Torsten Ziegner über eine spürbare Euphorie in Zwickau. Vom Klassenerhalt ist er »felsenfest überzeugt«.
Der Kampf um den Klassenerhalt wird hart, die 3. Liga ist sportlich stark – und zumindest in dieser Hinsicht ein Erfolgsmodell. Bislang gab es acht Relegationsduelle zwischen dem Drittplatzierten und dem Drittletzten der 2. Liga: Sechs Mal gewann der Drittligist und stieg auf. Dieses Duell verlor zuletzt Duisburg gegen die Würzburger Kickers. Nach dem Abstieg kämpft der MSV nun ums wirtschaftliche Überleben. Weil vier Millionen Euro an Fernseheinnahmen fehlen, muss der Entschuldungsprozess unterbrochen werden, der direkte Wiederaufstieg wird zur Pflicht. Duisburgs Vorstandschef Ingo Wald blickt schon mal skeptisch voraus: »Jede weitere Drittliagspielzeit wird wirtschaftlich schwer darstellbar.« Viele Klubs haben ähnliche Probleme. Eine Erfolgsgeschichte klingt anders.