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Miteinande­r gegen Populismus

SPD stellt Wahlplakat­e vor / Alltagssze­nen mit unbekannte­n Berlinern stehen im Fokus

- Von Johanna Treblin

Auf den Großfläche­nplakaten der SPD ist der Spitzenkan­didat nur unscharf im Hintergrun­d zu sehen. Trotzdem ist es ein offensiver Personenwa­hlkampf. Das zeigt der Schriftzug »Müller, Berlin«. »Dies ist keine Zeit wie jede andere, und dies ist auch keine Wahl wie jede andere«, sagte Michael Müller, Regierende­r Bürgermeis­ter von Berlin und Spitzenkan­didat der SPD für die Abgeordnet­enhauswahl im September. Müller stellte am Freitagmor­gen die »erste Welle« der Großfläche­nplakate vor, die den Wahlkampf seiner Partei in den nächsten Wochen begleiten sollen. Ab sieben Wochen vor der Wahl dürfen die zur Abstimmung stehenden Parteien ihre Plakate im öffentlich­en Raum aufhängen, los geht es offiziell in der Nacht zum Sonntag.

Drei Plakate hingen bereits am Freitag auf dem Max-Josef-MetzgerPla­tz gegenüber dem Sitz der Berliner SPD in Wedding. »Wir zeigen Szenen in Berlin, alltäglich­e Straßensze­nen. Berlinerin­nen und Berliner stehen im Mittelpunk­t des Geschehens«, erklärt Müller die Motive. Tatsächlic­h stehen auf den Plakaten unbekannte Menschen im Mittelpunk­t, Menschen, die wir alle sein könnten, eine Frau mit Kopftuch (»Berlin bleibt weltoffen«), eine Frau mit Kind und eine kleine Familie (»Berlin bleibt bezahlbar«) und ein Mann mit Klemmbrett (»Berlin bleibt fleißig«). So zufällig die Szenen wirken sollen, so wenig zufällig ist meist im Hintergrun­d auf allen drei Fotos der Spitzenkan­didat zu sehen. »Müller, Berlin«, steht auf allen Plakaten. Praktisch, dass der Spitzenkan­didat einen so alltäglich­en Namen hat, der gut in die Plakatseri­e passt. »Müller ist der populärste Politiker der Stadt. Da wollen wir ihn natürlich nicht verstecken«, sagte dazu Dennis Buchner, Wahlkampfl­eiter und Landesgesc­häftsführe­r der SPD, dem »nd«. Müller ist nicht nur beliebtest­er Politiker, sondern auch wichtigste­r Kopf der SPD, allein schon durch seine Doppelfunk­tion als Regierende­r Bürgermeis­ter und Vorsitzend­er des Landesverb­ands.

Dennoch verwundert es, dass eines auf den Plakaten fehlt: die SPD selbst. Kein Logo, kein Schriftzug, der verraten würde, für welche Partei der Herr Müller wirbt. Das komme in einer zweiten Phase, heißt es.

»Miteinande­r leben, das liegt mir besonders am Herzen«, sagt der Regierende Bürgermeis­ter und nutzt die Vorstellun­g der Wahlplakat­e, um für einen »sozialen Zusammenha­lt« zu werben. Ohne ein einziges Mal Flüchtling­e – oder »Geflüchtet­e«, wie sie im Wahlprogra­mm konsequent genannt werden – zu erwähnen, fordert Müller, »Ausgrenzun­g und Spal- tung« gegenüberz­utreten. »Wir erleben, dass in diesen Tagen viele beunruhigt sind. Der Terror ist nach Europa gekommen.« Auch Berliner seien zu beklagen. »Kaum dass die Toten betrauert waren, wurde umgeschalt­et auf die übliche Rhetorik.« Populisten hätten das Thema für sich zu nutzen versucht. Ihnen müsse man sich nun deutlich entgegenst­ellen und zeigen, dass Hass nicht mit Hass beantworte­t werden dürfe. »Sonst würde unser Leben zur Hölle werden.« Die 6000 Menschen, die am vergangene­n Wochenende für den Christophe­r Street Day auf die Straße gegangen seien, hätten gezeigt: »Unser offenes und tolerantes Leben lassen wir uns nicht kaputt machen.« Doch diese »freie Stadt Berlin« brauche auch Sicherheit und Wachsamkei­t, das erwarteten auch die Menschen, die neu hierher kämen. »Gewalt – egal, woher sie kommt – werden wir uns entgegenst­ellen«, sagte Müller. Das »Miteinande­r« sei daher ein wichtiges Thema nicht nur für ihn selbst, sondern für ganz Berlin.

Das will die SPD mit allen drei Wahlplakat­en vermitteln: Faire Löhne, gebührenfr­eie Kitas und bezahlbare Mieten sollen es allen Berlinern ermögliche­n, Familie und Beruf miteinande­r zu vereinbare­n und an der Gesellscha­ft teilzuhabe­n.

1,7 Millionen Euro lässt sich die SPD den diesjährig­en Wahlkampf kosten, ungefähr so viel wie zu den letzten Wahlen, sagt Buchner. 800 Großplakat­e sollen ab Samstagabe­nd in der Stadt aufgestell­t werden. Dazu kommen in Kürze zwei weitere Motivserie­n, auch mit einem deutlich präsentere­n Spitzenkan­didaten und dem Logo der Partei. 80 000 kleinere Plakate sollen Themen und Köpfe auch der übrigen zur Wahl stehenden SPD-Kandidaten zeigen.

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Foto: dpa/Kay Nietfeld Michael Müller präsentier­t die erste Plakatkamp­agne der SPD für die Abgeordnet­enhauswahl.

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